Bei der Bewertung der Zuschlagskriterien muss das angegebene Gewicht des Preises die tatsächliche Bedeutung gewährleisten. Die erwartete Preisspanne zwischen den Angeboten spielt eine entscheidende Rolle.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau musste dies in einem kürzlich gefällten Urteil (WBE.2024.183 vom 4. November 2024) anwenden. Es ging um eine öffentliche Ausschreibung für die Kehrichtsammlung. Die Beschwerdeführerin beanstandete die Bewertung der Zuschlagskriterien, insbesondere die Preisbewertung. Kritisiert wurde nicht die Gewichtung von 40%, sonden die angewendete Preisspanne und die Preiskurve. Das Gericht hat die Beschwerde gutgeheissen und den Zuschlag der Beschwerdeführerin erteilt.
Das Verwaltungsgericht betonte, der Preis müsse auch bei komplexen Beschaffungen mindestens mit 20 % gewichtet werden. Bei einfachen Leistungen, bei denen keine erheblichen Qualitätsunterschiede erwartet würden, betrage die Mindestgewichtung des Preises 60 %. Die Gewichtung des Zuschlagskriteriums Preis müsse sodann in der Bewertung deutlich zum Ausdruck kommen. Das heisst, die gewählte Bewertungsmethode müsse die Gewichtung des Kriteriums derart berücksichtigen, dass das im Voraus bekannt gegebene Gewicht tatsächlich zum Tragen komme. Dabei sei der effektiven Preisspanne der Angebote Rechnung zu tragen; in jedem Fall aber sei auf eine für die Art der ausgeschriebenen Leistungen realistische Preisspanne zwischen dem tiefsten und dem höchsten Angebot abzustellen.
Sodann äusserte es sich zur konkreten Beschaffung: Dem Angebotspreis komme gemäss Ausschreibung ein relativ geringes Gewicht von 40% zu. Verwendet worden sei eine Preisbewertungsmethode, nach welcher der tiefste Preis die maximale Punktzahl (40) erhalte; 200% des tiefsten Preises erhielten 0 Punkte. Alle höheren Angebote erhielten ebenfalls 0 Punkte. Dazwischen würden die Punkte linear verteilt.
Die Beschwerdeführerin hatte mit CHF 2'542'550.00 das preisgünstigste Angebot eingereicht und 40 Punkte erhalten. Das Angebot der Zuschlagsempfängerin lag bei CHF 2'948'425.00 und erhielt 33.61 Punkte. Der Preis des teuersten eingereichten Angebots betrug CHF 3'294'200.00. Es lag damit CHF 751'650.00 oder 29.56 % über dem preisgünstigsten Angebot. Aufgrund der gewählten Bewertungsformel sei es noch mit 28.17 Punkten bewertet worden.
Das Verwaltungsgericht meinte, die Gewichtung des Preises mit 40 % sei für den konkreten Beschaffungsgegenstand (Einsammlung und Transport von Kehricht) eher tief. Die Praxis liege eher bei 60 % - allerdings seien die 40 % nicht angefochten worden. Zudem dürfe eine relativ geringe Gewichtung des Kriteriums Preis durch die verwendete Bewertungsmethode nicht weiter abgeschwächt werden.
Weiter betonte das Verwaltungsgericht, die Preisspanne beeinflusse das tatsächliche Gewicht des Preises bei der Bewertung der Angebote. Mit der Preisspanne werde festgelegt, über welche Bandbreite die eingereichten An-gebotspreise bewertet würden. Eine enge Preisspanne führe zu einer steilen Preiskurve, bei der Preisunterschiede stärker ins Gewicht fielen. Eine weite Preisspanne führe zu einer flachen Preiskurve, bei der Preisunterschiede weniger stark berücksichtigt würden. Die gewählte Preisspanne könne die effektive Gewichtung des Preises verändern und somit die bekannt gegebene Gewichtung der Zuschlagskriterien verfälschen.
Bei wenig komplexen Dienstleistungsaufträgen könne erfahrungsgemäss mit einer Preisspanne im Bereich von 25 bis 50 % gerechnet werden. Beispielsweise könne bei einer üblichen Leistung mit durchschnittlichen Anforderungen oder einer anderen vergleichbaren Leistung ein Angebot mit einem Preis >50% über dem tiefsten Angebot null Punkte erhalten, während bei einer anspruchsvollen Be-schaffung mit spezialisierten Anforderungen oder einer anderen vergleichbaren Leistung ein Angebot mit einem Preis >100% über dem tiefsten Angebot null Punkte erhalte.
Vorliegend habe die Vergabestelle eine Preisspanne von 100 % angewendet. Das mit CHF 2'542'550.00 preisgünstigste Angebot der Beschwerdeführerin habe das Maximum von 40 Punkten erhalten. Erst ein doppelt so hohes Angebot (200%, also CHF 5'085'100.00) wäre mit 0 Punkten bewertet worden. Der Preisunterschied zwischen dem tiefsten und dem höchsten eingereichten Angebot habe jedoch weniger als 30 % betragen. Dies entspreche einer realistischen Preisspanne für derartige Beschaffungen. Eine Preisspanne von bis zu 50 % wäre für das Verwaltungsgericht noch vertretbar gewesen, nicht aber bis 100 %.
Es nahm daraufhin eine Bewertung mit 50% der Preisspanne vor: 0 Punkte erhält ein Angebot, das um die Hälfte über dem preisgünstigsten Angebot der Beschwerdeführerin liegt (= CHF 3'813'825.00). Das Angebot der Zuschlagsempfängerin von CHF 2'948'425.00 erhielt noch 27.23 Punkte statt 33.61 Punkte. Insgesamt erreichte ihr Angebot nun weniger Punkte als jenes der Beschwerdeführerin. Das Verwaltungsgericht hob daher den erteilten Zuschlag auf und erteilte diesen der Beschwerdeführerin.
Das Verwaltungsgericht hat mit diesem Urteil die langjährige Praxis im Beschaffungsrecht bestätigt: Die Vergabestelle hat einen erheblichen Ermessensspielraum bei der Festlegung und Bewertung der Zuschlagskriterien. Die Bewertung muss jedoch der Gewichtung der Kriterien entsprechen, um deren tatsächliche Bedeutung zu gewährleisten. Eine zu niedrige Gewichtung des Preises widerspricht unter anderem dem Grundsatz der Zuschlagserteilung an das wirtschaftlich günstigste Angebot und der Zielsetzung, öffentliche Mittel wirtschaftlich einzusetzen. Ob die Preiskurve tatsächlich die angegebene Gewichtung wiedergibt, ist anhand der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu prüfen, auch in Abhängigkeit der Komplexität des Beschaffungsgegenstands. Dabei kommt der erwarteten Preisspanne zwischen den mutmasslich erwarteten Angeboten eine entscheidende Bedeutung zu.
Sichtzonen sichern die freie Sicht auf die Fahrbahn und tragen zur Verkehrssicherheit bei. Sie sorgen in Einmündungs- oder Kreuzungsbereichen von Strassen dafür, dass Verkehrsteilnehmer herannahende Fahrzeuge rechtzeitig wahrnehmen können. Die Anordnung einer Sichtzone ist ein Eingriff in das Eigentumsrecht des Betroffenen und muss daher verhältnismässig sein.
Rechtliche Grundlagen
Gemäss § 110 Abs. 3 des Baugesetzes des Kantons Aargau (BauG) kann im Bereich von Einmündungen und Kreuzungen angeordnet werden, dass die anstossenden Grundstücke von sichtbehindernden Bauten, Anlagen, Pflanzen, Einfriedungen und weiteren Vorrichtungen freizuhalten sind.
§ 42 Abs. 2 BauV sieht vor, dass in den Sichtzonen eine freie Sicht in einer Höhe von 60 cm bis 3 m gewährleistet sein muss. Einzelne, die Sicht nicht hemmende Bäume, Stangen und Masten sind innerhalb der Sichtzonen zugelassen.
Für die konkrete Beurteilung der Sichtzonen gilt im Kanton Aargau als Richtlinie das «Merkblatt Sicht im Strassenraum» des Departements Bau, Verkehr und Umwelt vom 1. Februar 2021.
Entscheidet eine Behörde, dass eine Sichtzone eingerichtet werden muss, erfolgt dies mittels Verfügung. Zuständig für die Anordnung und Durchsetzung von Sichtzonen ist bei Kantonsstrassen das Departement Bau, Verkehr und Umwelt und bei Gemeindestrassen der Gemeinderat. Die Anordnung von Sichtzonen kann auf Grundlage von § 163 Abs. 1 lit. a BauG im Grundbuch angemerkt werden, wodurch die Rechtsverhältnisse dauerhaft dokumentiert und gesichert sind.
Anwendung im konkreten Fall / Verhältnismässigkeit
Die Anordnung einer Sichtzone ist ein Eingriff in das Eigentumsrecht (Art. 26 der Bundesverfassung (BV), § 21 Abs. 1 Kantonsverfassung Aargau) des Betroffenen. Sie muss daher nach pflichtgemässem Ermessen erfolgen. Für die Anordnung von Sichtzonen sind entsprechend ein ausreichendes öffentliches Interesse (insbesondere die Verkehrssicherheit) und die Beachtung des Gebotes der Verhältnismässigkeit erforderlich. Diese Prüfung stellt sicher, dass die Gewährleistung der Sichtzone für den betroffenen Grundeigentümer zumutbar ist. Besonders bei geringfügigen Einschränkungen, wie etwa der Freihaltung kleiner Teilflächen, wird das öffentliche Interesse regelmässig als vorrangig angesehen.
Die Rechtsabteilung des Departements Bau, Verkehr und Umwelt hat in einem kürzlich gefällten Entscheid (BVURA.23.534 vom 11. Juni 2024) die Voraussetzung für die Verfügung einer Sichtzone gegen den Willen der betroffenen Grundeigentümer geprüft und entschieden, dass das Interesse der Bauherrschaft am Erlass der Sichtzone (zugunsten der Ausfahrt aus einer neu geplanten Tiefgarage) das Interesse der betroffenen Nachbarn am uneingeschränkten Eigentumsrecht überwiegt.
Im konkreten Fall umfasst der von der fraglichen Sichtzone betroffene Bereich der benachbarten Grundeigentümer lediglich knapp 4 m2 und damit 0.2 % der Grundstücksfläche. Der betroffene Bereich liegt zudem innerhalb des ordentlichen Strassenabstands von 4 m (§ 111 Abs. 1 lit. a BauG) und ist mit einem öffentlichen Fusswegrecht überlagert. Gemäss Ausführungen der Rechtsabteilung seien die Nutzungsmöglichkeiten der betreffenden Fläche daher bereits von Gesetzes wegen sehr eingeschränkt und ein bezifferbarer Wertverlust der Liegenschaft durch die Anordnung der Sichtzone nicht absehbar.
Im zu beurteilenden Fall wurde das Interesse der beiden Beschwerdegegner am uneingeschränkten Erhalt ihrer Eigentumsrechte demnach als weniger gewichtig beurteilt als das Interesse an der Festlegung der Sichtzone. Die anbegehrte Sichtzone halte ohne Weiteres vor dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit stand. Die Anordnung der Sichtzone wurde entsprechend gutgeheissen und gestützt auf § 163 Abs. 1 lit. a Ziff. 1 BauG im Grundbuch als öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkung angemerkt.
Dem Nachbar, über dessen Grundstück die Sichtzone verfügt wird, muss zudem vorgängig das rechtliche Gehör gewährt werden. Die Baubewilligung mit der Sichtzonenverfügung ist ihm zu eröffnen.
Nicht nur der Samichlaus hat das Recht, auf Fehler aufmerksam zu machen. Jedermann kann unrechtmässiges Handeln einer Verwaltungsbehörde bei der Aufsichtsbehörde anzeigen. In einem aktuellen Entscheid hat das BVU konkretisiert, unter welchen Umständen dem Anzeiger dabei Kosten auferlegt werden können.
«Jede Person kann jederzeit Tatsachen, die im öffentlichen Interesse ein Einschreiten von Amtes wegen gegen Behörden gemäss § 1 Abs. 2 und deren Mitarbeitende erfordern, der Aufsichtsbehörde anzeigen.». So steht es in § 38 Abs. 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtpflege (Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRPG).
Mit der Aufsichtsanzeige besteht ein bewusst niederschwelliges Instrument, um die Aufsichtsbehörde auf (vermeintliche) Fehler der Verwaltungsbehörden hinzuweisen. Adressatin der Aufsichtsanzeige ist die Aufsichtsbehörde, also die übergeordnete Behörde. In Bausachen ist beispielweise das Departement Bau, Verkehr und Umwelt (BVU) Aufsichtsbehörde der Gemeinden.
Die Aufsichtsanzeige ist kein Rechtsmittel, sondern ein Rechtsbehelf. Daher sind die Anforderungen an Form, Frist und Legitimation viel geringer als bei einem ordentlichen Rechtsmittel (wie etwa der Beschwerde). Eine Aufsichtsanzeige kann jederzeit von jedermann erhoben werden. Sie ist also weder an eine Frist gebunden noch wird ein persönliches Betroffensein des Anzeigers vorausgesetzt. Auf der anderen Seite hat der Anzeiger aber auch keine Parteirechte, wie etwa das Recht auf Begründung des Entscheids oder das Recht auf Akteneinsicht. Der Anzeiger hat lediglich Anspruch auf Beantwortung der Aufsichtsanzeige (§ 38 Abs. 2 VRPG).
Die Aufsichtsanzeige ist grundsätzlich kostenlos, das heisst es werden keine Verfahrenskosten verlangt. Erweist sich die Anzeige jedoch als leichtfertig oder böswillig, können dem Anzeiger Kosten auferlegt werden (§ 38 Abs. 3 VRPG). In einem jüngst ergangenen Entscheid hat das Departement Bau, Verkehr und Umwelt (BVU) weiter konkretisiert, wann eine Anzeige als «leichtfertig oder böswillig» im Sinne von § 38 Abs. 3 VRPG zu qualifizieren ist. Im Entscheid BVURA.24.280 vom 1. Juli 2024 verlangte der Anzeiger den Rückbau eines Unterstands. Er hatte es nach dem Bau unterlassen, rechtzeitig die ihm zur Verfügung stehenden ordentlichen Rechtsmittel gegen den Bau zu erheben. Er blieb jahrelang untätig. Im Jahr 2022 hatte der Anzeiger in einem Aufsichtsverfahren den Rückbau des Unterstands gefordert, was das BVU abschlägig beantwortet hatte. Nun reichte er erneut eine Aufsichtsanzeige gegen den Bau ein.
Das BVU schreibt im neusten Entscheid, die Aufsichtsanzeige dürfe nicht als «kosten- und prozessrisikoloser Ersatz für ordentliche Rechtsmittel zur Verfügung stehen». Umso weniger dürfe die wiederholte Anhebung von Aufsichtsanzeigen in derselben Angelegenheit kostenfrei sein, nachdem der Anzeiger vorgängig auf die Erhebung von ordentlichen Rechtsmitteln verzichtet habe. Das BVU hat dem Anzeiger daher eine Kanzleigebühr auferlegt.
Wer also meint, er könne anstelle einer (verpassten) aufwändigen Beschwerde das einfachere Mittel der Aufsichtsanzeige wählen, sei gewarnt. Die Aufsichtsanzeige ist als Ergänzung und nicht als Ersatz der ordentlichen Rechtsmittel zu verstehen und sie ist nicht in jedem Fall kostenlos. Zudem: Wenn beim Nachbarn möglicherweise unrechtmässige Bauten oder Anlagen im Garten stehen, darf nicht einfach zugewartet und später Aufsichtsanzeige eingereicht werden.
Das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung (ISOS) dient als Instrument für die Denkmalpflege sowie das Bau- und Planungswesen, um baukulturelle Werte zu identifizieren und langfristig zu erhalten. Anders als Inventare von Einzelbauten konzentriert sich das ISOS auf die Erfassung ganzer Siedlungen und listet die wertvollsten Ortsbilder von nationaler Bedeutung auf, die umfassend dokumentiert werden. Die praktische Anwendung des ISOS führt jedoch häufig zu Fragen. So musste sich beispielsweise das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau im Rahmen einer Beschwerde gegen den geplanten Ersatz des Kraftwerks Aarau der Eniwa AG mit dem ISOS auseinandersetzen.
Bedeutung des ISOS bei kantonalen, kommunalen und Bundesaufgaben
Das ISOS hat bei der Erfüllung von kantonalen und kommunalen Aufgaben nur eine mittelbare Wirkung. Gemäss Art. 11 der Verordnung über das ISOS (VISOS) sind Kantone und Gemeinden aber verpflichtet, das Inventar bei der Erarbeitung ihrer Planungen zu berücksichtigen. Achtung: Auch bei der Erfüllung von nur kantonalen und kommunalen Aufgaben ist die im Einzelfall erforderliche Interessenabwägung unter Berücksichtigung des ISOS vorzunehmen.
Anders bei Bundesaufgaben: Das Natur- und Heimatschutzgesetz (NHG) schreibt hier einen verstärkten Schutz für ISOS-Ortsbilder vor. Bundesaufgaben liegen etwa vor, wenn der Bund Werke und Anlagen plant, errichtet oder verändert, wenn er Konzessionen und Bewilligungen erteilt, wenn er Subventionen gewährt oder wenn Bauprojekte ausserhalb der Bauzone entstehen sollen oder bis zum Grundwasserspiegel reichen. In diesen Fällen darf von den Erhaltungszielen des ISOS nur abgewichen werden, wenn gleich- oder höherwertige nationale Interessen entgegenstehen.
Der Fall des Kraftwerks der Eniwa in Aarau
Im Beschwerdeverfahren zum Ersatz des Kraftwerks der Eniwa AG in Aarau spielte das ISOS eine zentrale Rolle (Urteil des Verwaltungsgerichts Aargau vom 8. Oktober 2024, WBE.2023.287). Der Aargauer Regierungsrat genehmigte im Juni 2023 das Projekt und erteilte die Konzession, wogegen sich vier Anwohner wehrten.
Das Kraftwerk ist im ISOS als Einzelelement 0.0.93 erfasst (siehe dazu den Aufnahmeplan des ISOS für die Stadt Aarau (vgl. https://www.gisos.bak.admin.ch/sites):
Der Planlegende des ISOS zu Aarau lässt sich entnehmen, dass es mit dem Erhaltungsziel A versehen ist:
Das Erhaltungsziel A bedeutet das Erhalten der Substanz. Es sollen also alle Bauten, Anlageteile und Freiräume integral erhalten und störende Eingriffe beseitigt werden (Art. 9 Abs. 4 lit. a VISOS).
Der sogenannte «Mitteldamm», dessen Erhalt die Anwohner forderten, ist weder im ISOS-Aufnahmeplan noch im Inventartext erwähnt. Dennoch spielte seine geplante Entfernung eine entscheidende Rolle.
Da der Kraftwerk-Ersatz eine Bundesaufgabe darstellt, war gemäss Art. 7 Abs. 2 Natur- und Heimatschutzgesetz des Bundes (NHG) ein Gutachten der ENHK und/oder der EKD erforderlich. Dies ist bei der Gefahr einer erheblichen Beeinträchtigung oder bei grundsätzlichen Fragen notwendig. Das Gutachten bildet eine der Grundlagen für die Abwägung aller Interessen durch die Entscheidbehörde.
In diesem Gutachten kamen die ENHK und die EKD zum Schluss, dass auch der Mitteldamm als Bestandteil der Kraftwerkanlage zu erhalten sei. Es bestehe ein historischer und funktionaler Zusammenhang zwischen dem Kraftwerk und dem Mitteldamm sowie den Ausleitkanälen. Obwohl also die Reste des Mitteldamms und die Ausleitkanäle nicht im ISOS erwähnt sind, wurden sie aufgrund der Beurteilung durch die ENHHK und die EKD als Bestandteil des Kraftwerts beurteilt. Deshalb erfasste das Erhaltungsziel A auch den Mitteldamm.
Konsequenzen
Das Verwaltungsgericht befand, dass die Entfernung des Mitteldamms einen schweren Eingriff in ein inventarisiertes Objekt darstellt. Da der Mitteldamm als Bestandteil der geschützten Kraftwerksanlage beurteilt wurde, musste Art. 6 NHG angewendet werden, wonach die ungeschmälerte Erhaltung eines solchen Objekts erstrebenswert ist. Dieser schwere Eingriff hätte gegen die gegenläufigen Interessen an der Energieproduktion (und weiterer Interessen) abgewogen werden müssen, was die Vorinstanz unterlassen hat (Interessenabwägung, Art. 3 Raumplanungsverordnung des Bundes, RPV). Eine genügende Interessenabwägung, wie sie Art. 3 RPV verlangt, war somit nicht erfolgt. Daher hiess das Verwaltungsgericht die Beschwerde der Anwohner gut und wies das Verfahren zur umfassenden Interessenabwägung an die Vorinstanz zurück.
Der Fall verdeutlicht die gravierende Bedeutung des ISOS in Baubewilligungsverfahren. Das Urteil des Verwaltungsgerichts betont die Notwendigkeit einer sorgfältigen Interessenabwägung, die nun vor einer endgültigen Entscheidung nachzuholen ist.
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