Ergänzungen von bestehenden Systemen stellen die Beschaffungsstellen immer wieder vor Herausforderungen. Wie weit dürfen die technischen Spezifikationen vorgegeben werden, dass einerseits das Vergaberecht eingehalten wird und andererseits das ausgeschriebene Produkt mit dem bestehenden System tatsächlich "läuft". Dies wird nachfolgend an einem aktuellen Beispiel der Beschaffung eines Steuerungssystems für einen bestehenden Maschinenpark aufgezeigt.
Im Kanton Graubünden musste eine Kraftwerksbetreiberin die Maschinensteuerung des Kraftwerkes erneuern. Als eines der Zuschlagskriterien wurde für die Steuerung die "Kompatibilität zum bestehenden System" festgelegt. Das neue Konzept sollte mit einer bestimmten Schnittstelle ausgestattet und ins bestehende Leitsystem eingebunden werden. Die Ausschreibung definierte eine Standard-Schnittstelle für den Datenaustausch. Die Zuschlagsempfängerin bot eine Lösung an, die vollständig kompatibel mit dem Leitsystem war (Einbindung). Die Beschwerdeführerin sah in ihrem Angebot den Datenaustausch über die definierte Schnittstelle vor. Die Vergabestelle bewertete das Angebot der Zuschlagsempfängerin besser. Auf Beschwerde hin hielt das Gericht fest, aus den Ausschreibungsunterlagen sei hervorgegangen, dass das neue Konzept an das bestehende System anzubinden oder sogar einzubinden sei. Eine detailliertere Ausschreibung habe die Vergabebehörde nicht verlangen können. Denn hätte sie im Sinne von Eignungskriterien eine Einbindung in das bestehende System vorgegeben, hätte sie damit andere Anbieter faktisch ausgeschlossen; nur Anbieter mit einem identischen oder direkt integrierenden System hätten ein solches Angebot einreichen können. Richtigerweise sei daher die Komptabilität nur als Zuschlagskriterium ausgestaltet worden (Urteil des Verwaltungsgerichts Graubünden U-15-65 vom 6. Oktober 2015, in: Baurecht 4/2016 September 2016, S. 240).
Eine Ausschreibung muss somit derart ausgestaltet werden, dass durch die Eignungskriterien keine Anbieter in unzulässiger Weise vom Wettbewerb ausgeschlossen werden. Vorgaben an die technische Vereinbarkeit von Ersatzbeschaffungen oder Neuanschaffungen mit bestehenden Systemen dürfen hingegen als Zuschlagskriterien definiert und bewertet werden. So erreicht die Vergabebehörde das gewünschte Ergebnis, ohne sich dem Vorwurf der Verletzung des Vergaberechts auszusetzen
Der Grosse Rat hat am 20. September 2016 in zweiter Beratung das Baugesetz beschlossen. Es soll im 2017 in Kraft treten. Neu wird bei Einzonungen eine Mehrwertabgabe von 20 % erhoben. Im Gesetz wird ausdrücklich verankert, dass die Gemeinden in verwaltungsrechtlichen Verträgen Leistungen vereinbaren können, die den Ausgleich anderer Planungsvorteile (als aufgrund von Einzonungen) bezwecken. Das Gesetz wurde mit 95 : 30 Stimmen angenommen. Ein Behördenreferendum wurde nicht ergriffen.
Der Grosse Rat stimmte am 10. Mai 2016 dem Entwurf der Revision des Baugesetzes (BauG) in erster Beratung zu (siehe dazu Newsletter April 2016). Der Regierungsrat legte dem Grossen Rat am 19. Juni 2016 die Botschaft für die zweite Beratung vor, ohne wesentlichen Änderungen gegenüber der ersten Beratung. Nach der ersten Beratung kamen in einigen Gemeinden Unsicherheiten auf, ob sie weiterhin Verträge mit privaten Grundeigentümerschaften abschliessen dürften, um Umzonungen und Gebietserschliessungen zu regeln. Zur Klarstellung ergänzte der Grosse Rat daher das BauG um eine entsprechende Bestimmung, welche dies ausdrücklich zulässt.
Die zentrale Bestimmung im BauG ist der neue § 28a BauG. Er lautet wie folgt (Abs. 1 und 2):
1 Die Grundeigentümerinnen und -eigentümer, deren Grundstücke in eine Bauzone eingezont werden, leisten eine Abgabe von 20 % des Mehrwerts. Der Einzonung gleichgestellt ist die Umzonung innerhalb Bauzonen, wenn das Grundstück vor der Umzonung in einer Zone liegt, in der das Bauen verboten oder nur für öffentliche Zwecke zugelassen ist.
2 Die Gemeinden können den Abgabesatz auf höchstens 30 % erhöhen und in verwaltungsrechtlichen Verträgen Leistungen vereinbaren, die den Ausgleich anderer Planungsvorteile bezwecken."
Die Gemeinden dürfen also in ihren Bau- und Nutzungsordnungen beschliessen, dass sie nicht nur eine Abgabe 20% erheben wollen, sondern mehr, bis 30%. Sie dürfen aber keine Abgabe auf Mehrwerten aufgrund von Umzonungen (z.B. Arbeitszone wird zu Wohnzone) oder von Aufzonungen (z.B. Wohnzone 2-geschossig wird zu Wohnzone 4-geschossig) innerhalb der Bauzone erheben. Der Hinweis auf die Verträge in Abs. 2 wäre rechtlich gesehen nicht notwendig gewesen, dient aber der Klarstellung durch den Grossen Rat als Gesetzgeber, damit nicht die Gerichte anschliessend die Frage entscheiden müssen, ob Verträge (wie bisher) zulässig sind oder nicht. In solchen Verträgen können gegenseitige Leistungen vereinbart werden, beispielsweise Landumlegungen, Verschiebungen von Ausnützungsziffern, Dienstbarkeiten wie Fusswegrechte für die Öffentlichkeit, Beiträge an Strassenprojekte, und anderes mehr. Sie erlauben auf den direkt betroffenen Grundstücken spezielle Vereinbarungen, welche der konkreten Situation angepasst sind. Der Einzonung gleichgestellt ist die Umzonung innerhalb Bauzonen, wenn das Grundstück vor der Umzonung in einer Zone liegt, in der das Bauen verboten (z.B. Freihaltezone) oder nur für öffentliche Zwecke zugelassen ist (z.B. Zone für öffentliche Bauten und Anlagen) und neu eine "normale" Bauzone geschaffen wird (z.B. Gewerbezone, Arbeitszone, Wohnzone, usw.; Abs. 1). Dann wird ebenfalls eine Mehrwertabgabe erhoben.
Der Mehrwert auf Grundstücken ist das Resultat einer Änderung des Nutzungsplans (zB. Landwirtschaftsland mit einem Wert von CHF 5.-/m2 wird zu Bauland mit einem Wert von CHF 1'000.-/m2). Die betroffenen Grundeigentümer sollen im Zusammenhang mit der Zonenplanänderung erfahren, wie hoch die Abgabe auf dem Mehrwert ist. Das BauG schreibt dazu ein zweistufiges Vorgehen vor (§ 28b BauG). Erste Stufe: Der Gemeinderat orientiert zum Zeitpunkt der öffentlichen Auflage des Nutzungsplanentwurfs aufgrund von Schätzungen durch das kantonale Steueramt über die voraussichtliche Höhe der Abgabe. Zweite Stufe: Er erlässt eine Verfügung über die definitive Höhe, sobald der Nutzungsplan genehmigt und anwendbar ist. Massgeblich für die Festlegung der Höhe der Abgabe und die Bestimmung der abgabepflichtigen Personen ist der Zeitpunkt der Genehmigung. Durch dieses Vorgehen besteht von Beginn weg Transparenz über allfällige Mehrwertabgaben. Der Gemeinderat erhebt die Mehrwertabgabe bei Veräusserung des Grundstücks oder wenn eine Baubewilligung erteilt worden ist (§ 28d BauG).
Gemäss dem Raumplanungsgesetz des Bundes sind Einzonungen von Boden neu nur noch zulässig, wenn "seine Verfügbarkeit rechtlich sichergestellt" ist (Art. 15 Abs. 4 lit. b RPG). Als Mittel zur Förderung der Verfügbarkeit von Bauland sieht das Baugesetz daher neu unter gewissen Voraussetzungen die Einführung einer Baupflicht vor: Wird Land eingezont, muss der Gemeinderat für die Überbauung des Grundstücks eine Frist festlegen, damit das Land effektiv bebaut wird. Bei bereits eingezonten Grundstücken kann er eine Frist festlegen, wenn das öffentliche Interesse es rechtfertigt, beispielsweise wenn ein Grundstück mitten im Gemeindegebiet nicht bebaut wird, es aber für die Entwicklung der Gemeinde wesentlich wäre. Von der Baupflicht mit Fristansetzung ausgenommen sind Grundstücke, die voraussichtlich innert 15 Jahren für den Eigenbedarf eines Betriebs benötigt werden. Läuft die Frist ab und nützt auch die Mahnung des Gemeinderates nichts, wird eine Lenkungsabgabe von 2 % des steuerrechtlich massgebenden Grundstückverkehrswerts erhoben, jährlich wiederkehrend bis die Pflicht erfüllt wird (§ 28i und 28j BauG).
Mit diesen verschiedenen Bestimmungen setzt das Baugesetz die Vorgaben des Raumplanungsgesetzes des Bundes um, damit die Zersiedelung gebremst und die Verfügbarkeit von Bauland gefördert wird, so dass die bestehenden Bauzonen tatsächlich überbaut werden. Der Grosse Rat stimmte dem revidierten Gesetz mit 95 : 30 zu. Damit besteht Rechtssicherheit über die Umsetzung des Raumplanungsgesetzes im Kanton Aargau. Voraussichtlich anfangs 2017 wird das revidierte Baugesetz in Kraft treten.
Frage: Ich will bei meinem Einfamilienhaus einen Wintergarten anbauen. Der Architekt, welcher das Haus erstellt hat, wehrt sich dagegen. Er meint, ich verändere das Bild "seines Hauses"; und wenn, dann müsste ich ihm den Umbauauftrag erteilen. Stimmt das? Das Haus ist kein spezielles Haus und im Vertrag haben wir nichts in dieser Hinsicht abgemacht.
Antwort: Tatsächlich können bei einem Hausumbau die Urheberrechte des Architekten ins Spiel kommen. Die Urheberrechte schützen den Architekten als geistigen Erbauer des Hauses vor Veränderungen "seines Werkes", wie bei einem Maler. Das gilt aber nur in besonderen Situationen.
Zuerst stellt sich die Frage, ob überhaupt ein geschütztes Werk vorliegt. Das setzt eine gewisse Individualität voraus, in aussergewöhnlichen oder überraschenden Eigenheiten oder Elementen. Es geht um die Frage, in welchem Mass der Architekt individualisierend wirkte. Vereinfacht gesagt: eher "üblich" oder eher Stil "Le Corbusier". Der Architekt muss nicht etwas absolut Neues schaffen. Eine gewisse Originalität ist jedoch notwendig. Zwischen Architekt und Haus muss eine unverkennbare Bindung bestehen.
Liegt ein geschütztes Werk vor, stellt sich sodann die Frage, ob dieses verändert werden darf. Der Architekt kann sich grundsätzlich gegen jede Veränderung "seines Werkes" wehren. Hat er allerdings ein Werk geschaffen, das primär die Bedürfnisse des Eigentümers erfüllen soll, ist sein "Abwehrrecht" eingeschränkt. Der Eigentümer darf das Haus grundsätzlich verändern, unterhalten, an neue Energievorschriften anpassen oder wertsteigernde Veränderungen umsetzen. Hier sagt das Bundesgericht, das Gebäude erfülle ein bestimmtes Ziel und in diesem Umfang habe der Architekt auf sein Urheberrecht verzichtet. Ebenso muss der Eigentümer den Umbauauftrag nicht dem ursprünglichen Architekten erteilen, ausser es besteht eine entsprechende Abmachung.
Das führt zur Antwort, dass sich der Architekt nicht gegen den Anbau des Wintergartens wehren kann: Da es sich um ein "normales" Haus handelt, liegt kein geschütztes Werk vor. Zudem erfüllt das Haus einen "Wohnzweck". Der geplante Wintergarten unterstützt diesen Zweck. Das Urheberrecht schützt den Architekten daher nicht. Er kann auch nicht verlangen, dass er mit den Umbauarbeiten beauftragt wird, da keine entsprechende Vereinbarung besteht.
Wir gratulieren unserem Rechtspraktikanten, Herrn Valentin Wespi, herzlich zur bestandenen Zwischenprüfung (Bachelor) im Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Bern. Herr Wespi unterstützt uns seit rund einem Jahr zeitweise als Rechtspraktikant. Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit mit ihm.
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