Das Bundesrecht verlangt seit dem 1. Mai 2014, dass erhebliche Planungsvorteile ausgeglichen werden; vorher war dies den Kantonen freigestellt. Die kantonale Umsetzung sorgt für Gesprächsstoff. Zeit für eine (nächste) Zwischenbilanz.
Der Ausgleich von Planungsvorteilen über die Mehrwertabgabe ist nicht das erste Mal Gegenstand eines Newsletters. In der Ausgabe vom August 2022 nahmen wir den Entscheid 1C_233/2021 (Meikirch) als Anlass, uns zu dieser Thematik zu äussern.
Im Fall Meikirch kam das Bundesgericht in Bestätigung seiner (kritisierten) Rechtsprechung zum Schluss, dass nicht nur Ein-, sondern auch Um- und Aufzonungen, die erhebliche Vorteile bewirken, auszugleichen seien (im Einzelnen PFMAG-Newsletter August 2022 - Ausgleich von Planungsvorteilen). Darauf hat das Bundesparlament zwischenzeitlich reagiert und mit einer Anpassung von Art. 5 RPG seinem Willen deutlich respektive noch deutlicher gemacht. Mit der am 29. September 2023 beschlossenen Neufassung von Art. 5 nRPG ist klar, dass die Kantone für Um- und Aufzonungen eine Mehrwertabgabe vorschreiben können, aber nicht müssen. Die Referendumsfrist ist am 15. Februar 2024 ungenutzt verstrichen. Art. 5 nRPG tritt – zusammen mit zahlreichen weiteren revidierten RPG-Bestimmungen – voraussichtlich am 1. Juli 2026 in Kraft. Nach der Revision steht das Recht des Kantons Aagau – § 28a Abs. 1 und 2 BauG widersprechen dem aktuell noch geltenden Art. 5 RPG, zumindest wenn man der bundesgerichtlichen Auslegung folgt (ausführlich PFMAG-Newsletter August 2022 - Ausgleich von Planungsvorteilen) – mit dem Bundesrecht endgültig im Einklang.
Die Mehrwertabgabe wirft weitere spannende Fragen auf. Vor diesem Hintergrund erstaunt nicht, dass sich neben dem Bundesgericht auch die Aargauer Rechtstmittelinstanzen bereits Gelegenheit hatten, sich dem Ausgleich von Planungsvorteilen zu widmen.
So entschied das Verwaltungsgericht, dass das Aargauer Mehrwertabgaberecht dem Legalitätsprinzip standhält. Konkret könne der «Mehrwert» nichts anderes sein als die Differenz zwischen dem Verkehrswert des Landes mit und ohne Planungsmassnahme. Eine Legaldefinition benötige es nicht. Abgesehen davon müssten weder Gesetz noch Verordnung eine bestimmte Methode zur Schätzung der Verkehrswerte bestimmen (zum Ganzen VGer AG, WBE.2022.352, E. 2.3).
Im Entscheid 4-BE.2023.9 musste das Spezialverwaltungsgericht, Abteilung Kausalabgaben und Enteignungen (SKE), beurteilen, ob die Gemeinde die Zuweisung eines Liegenschaftsteils von der Spezialzone für die bodenabhängige und bodenunabhängige Produktion im Bereich des Pflanzenbaus in die Arbeitszone richtigerweise als Einzonung und somit – zumindest im Grundsatz (§ 1 MWAV) – abgabepflichtige Planungsmassnahme taxiert hatte. Das SKE erwog, dass im Geltungsbereich der Spezialzone für den Pflanzenbau notwendige Bauten und Anlagen hätten erstellt werden dürfen und sonstige in Bauzonen übliche Bautätigkeiten untersagt waren. Bei der bisherigen Spezialzone handle es sich so im eine Nichtbauzone. Demgegenüber sei die neue Arbeitszone I eine gewöhnliche Bauzone. Die Gemeinde sei zurecht von einer Einzonung ausgegangen.
Im gleichen Entscheid äusserte sich das SKE zum Zusammenwirken von Gemeinde und Kanton. Dem Kanton steht für Einzonungen und ihnen gleichgestellte Umzonungen die Hälfte des kantonalen Mindestsatzes zu (§ 28e Abs. 1 BauG). Er hat ein Interesse daran, dass die Gemeinde die Mehrwertabgabe korrekt verfügt. Vor diesem Hintergrund ist der Regierungsrat bzw. das Departement für Bau, Verkehr und Umwelt (BVU), welches den Regierungsrat im Mehrwertabgabeverfahren grundsätzlich vertritt (§ 16a DelV), beizuladen (§ 28b Abs. 4 BauG), d.h. in das Verfahren einzubeziehen. Es handelt sich nicht um eine freigestellte, sondern eine notwendige Beiladung. Mit der Beiladung ist insbesondere sichergestellt, dass sich der Kanton für den Fall, dass die Gemeinde die Mehrwertabgabe aus seiner Sicht nicht korrekt verfügt hat, auf dem Rechtsweg zur Wehr setzen kann. Die Pflicht zur Beiladung besteht von Beginn an. Das BVU ist also nicht erst im spezialverwaltungsgerichtlichen Beschwerde-, sondern bereits in das gemeindliche Festsetzungs- und ein allfälliges Einspracheverfahren miteinzubeziehen und wie eine Partei zu behandeln (SKE, 4-BE.2023.9, E. 3.4.3; zum Festsetzungsverfahren und Rechtsweg § 28b BauG; zu den Verfahrensrechten von Beigeladenen § 12 VRPG).
Ein Streit um den Cateringauftrag zeigt exemplarisch, dass in öffentlichen Ausschreibungen die Unterscheidung zwischen «Nachweis» und «Bestätigung» relevant ist. Im Beschwerdeverfahren bestätigte das Gericht einen Zuschlag und hielt fest: Eine blosse Eigenbestätigung kann genügen, wenn die Vergabestelle dies sachlich vertretbar so vorgibt.
Die Stadt Thun schrieb einen Cateringauftrag für Tagesschulen und Mittagstische aus. Zwei Anbieterinnen bewarben sich. Zunächst erhielt die bisherige Anbieterin den Zuschlag. Auf Beschwerde der unterlegenen Konkurrentin hin hob die Regierungsstatthalterin den Zuschlag auf sprach ihn der Konkurrentin zu. Das Verwaltungsgericht hob diesen Entscheid auf und bestätigte den ursprünglichen Zuschlag an die bisherige Anbieterin. Strittig war insbesondere, ob die Bestätigung für die Verwendung von Mehrweggebinden erbracht worden sei (Urteil Verwaltungsgericht des Kantons Bern 100.2024.276U vom 13. Dezember 2024).
In der Ausschreibung hatte die Stadt Thun bei den Eignungskriterien unterschieden zwischen «Nachweisen», die zu erbringen waren, und schriftlichen «Erklärungen», die abzugeben waren. Während bei einigen Eignungskriterien explizit ein «Nachweis» erforderlich war, wurde hinsichtlich u.a. der Verwendung von Mehrweggebinden lediglich unspezifisch eine «Bestätigung für die Verwendung von Mehrweggebinden» verlangt (mit gewissen Differenzierungen, über welche ebenfalls debattiert wurde).
Das Verwaltungsgericht schützte die Auslegung der Stadt Thun, wonach für eine «Bestätigung» kein qualifiziertes Formerfordernis bestehe und eine Bestätigung durch die Anbietende selber in ihrem Angebot ausreiche. Dies (und die weiter umstrittene Auslegung des Begriffs) sei angesichts des der Vergabestelle zustehenden Beurteilungsspielraums nicht zu beanstanden.
Dies zeigt auf, dass ein «Nachweis» und eine «Bestätigung» zu unterscheiden sind. Ein «Nachweis» verlangt eine objektivierbare, nachprüfbare Dokumentation, etwa durch einen Eigentumsbeleg, Unterlagen Dritter, offizielle Bescheinigungen oder ähnliches. Es handelt sich also um einen formelleren, strengeren Beleg.
Bei einer «Bestätigung» kann hingegen eine Eigenerklärung der Anbieterin ausreichen. Eine formale Bescheinigung, allenfalls auch durch Dritte, ist nicht zwingend erforderlich. Eine Vergabestelle darf sich hier bis zu einem gewissen Grad darauf verlassen, dass die Aussagen der Anbieter zutreffen und deren Angaben der Wahrheit entsprechen, solange keine konkreten gegenteiligen Hinweise bestehen (vgl. etwa: Urteil des Bundesgerichts 2C_159/2021 vom 11. Mai 2022, E. 3.4.5). Dieses Vertrauen ist wenig problematisch. Denn erweist sich die Erklärung nachträglich als falsch, kann dies einen Grund für einen Widerruf darstellen (Art. 44 IVöB).
Für die Ausschreibung bedeutet dies, dass bei der Erstellung des Pflichtenheftes nach sachlichen Kriterien zu entscheiden ist, ob und allenfalls welche Eignungskriterien nachgewiesen und/oder welche nur bestätigt werden müssen. Der Entscheid, ob ein «Nachweis» verlangt ist oder ob eine «Bestätigung» ausreicht, liegt bei der Vergabestelle. Solange dieser Entscheid sachlich haltbar ist, wird er in einem allfälligen Beschwerdeverfahren Bestand haben.
Das Bauhandwerkerpfandrecht gemäss Art. 837 ff. ZGB stellt ein gesetzliches Sicherungsinstrument zugunsten von Unternehmern und Handwerkern dar, welche durch ihre Leistungen den Wert eines Grundstücks unmittelbar erhöhen. Es dient dem Schutz der Unternehmer und Handwerker als Gläubiger zur Durchsetzung ihrer Werklohnforderungen.
Handwerker und Unternehmer, die auf einem Grundstück Bauleistungen erbringen – etwa durch die Lieferung von Material oder durch Arbeitsleistungen –, haben für ihre offenen Forderungen ein gesetzliches Recht auf Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts (Grundpfandrecht) an diesem Grundstück (Art. 837 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB).
Das Bauhandwerkerpfandrecht muss spätestens innert vier Monaten nach Vollendung der Arbeiten zumindest provisorisch im Grundbuch eingetragen sein (Art. 839 Abs. 2 ZGB). Die Frist beginnt mit der Ausführung der letzten werkvertraglich geschuldeten Hauptarbeit – dem sogenannten «letzten Hammerschlag». Nebensächliche und geringfügige Arbeiten, die zum Beispiel der Nachbesserung oder Verschönerung dienen, zählen nicht zu den Hauptarbeiten. Sie sind für den Fristenlauf nicht relevant.
Die Forderungen der Handwerker und Unternehmer sind bereits ab dem Zeitpunkt eintragungsberechtigt, zu dem sie sich zur Ausführung der Arbeiten verpflichtet haben, in der Regel also ab Vertragsschluss.
Der Eintrag verschafft dem Berechtigten im Konkursfall des Schuldners eine bevorzugte Stellung. Sind die Forderungen der Handwerker und Unternehmer bis dahin nicht gedeckt, so wird der Ausfall aus der Verwertung der Baute beglichen.
Doppelzahlung
Wird ein Bauvorhaben durch einen General- oder Totalunternehmer realisiert, steht das Pfandrecht nicht nur diesem als direktem Vertragspartner des Bauherrn zu, sondern auch sämtlichen Subunternehmern, die am Bau beteiligt sind – selbst dann, wenn der Bauherr seiner Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Generalunternehmer vollständig nachgekommen ist.
Als Pfandbelasteter gilt stets der Eigentümer des Grundstücks, auch wenn der Werkvertrag mit einer Drittperson (z. B. dem Generalunternehmer oder einem Mieter – Letzterer nur mit Zustimmung des Eigentümers) abgeschlossen wurde. Dies kann im Ergebnis dazu führen, dass der Eigentümer unter Umständen doppelt leisten muss: einmal dem Generalunternehmer und ein weiteres Mal dem Handwerker oder Subunternehmer, sofern Letztere ihre Forderungen pfandrechtlich geltend machen.
Liegenschaften im öffentlichen Verwaltungsvermögen
Rechtlich anspruchsvoll gestaltet sich die Anwendung des Bauhandwerkerpfandrechts bei Grundstücken, die im öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvermögen stehen, wie Schulhäuser, das Gemeindehaus oder vergleichbare Bauten der öffentlichen Hand. Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung unterliegen solche Grundstücke einer besonderen Zweckbindung zugunsten der öffentlichen Aufgabenerfüllung. Mit dieser Aufgabenerfüllung wäre es nicht vereinbar, wenn Verwaltungsvermögen verwertet und dem Zweck, dem es gewidmet worden ist, dadurch entfremdet werden könnte. Liegenschaften im öffentlichen Verwaltungsvermögen sind daher unpfändbar (BGE 103 II 227 E. 4).
Daraus folgt, dass auf Verwaltungsvermögen grundsätzlich keine Pfandrechte – auch keine Bauhandwerkerpfandrechte – errichtet werden dürfen, selbst wenn die materiellen Voraussetzungen von Art. 837 ZGB erfüllt wären.
Das Gesetz bietet den Handwerkern und Unternehmern aber dennoch Sicherheit für eine solche Konstellation:
Gemäss Art. 839 Abs. 4 ZGB haftet nämlich der Eigentümer von Verwaltungsvermögen den Handwerkern oder Unternehmern für die anerkannten oder gerichtlich festgestellten Forderungen nach den Bestimmungen über die einfache Bürgschaft. Dies setzt voraus, dass die Forderung ihm gegenüber spätestens vier Monate nach Vollendung der Arbeit schriftlich unter Hinweis auf die gesetzliche Bürgschaft geltend gemacht wurden und dass sich die Schuldpflicht des Eigentümers (d.h. des Gemeinwesens) nicht aus vertraglichen Verpflichtungen ergibt.
Ergibt sich eine offene Forderung nämlich aus direkter vertraglicher Verpflichtung des Unternehmers mit dem Gemeinwesen, kann diese auf dem Klageweg durchgesetzt werden, ohne dass ein Pfandrecht nötig wäre. Das Ausfallrisiko ist minim, da eine Institution des öffentlichen Rechts normalerweise nicht Konkurs geht. Wurde jedoch nicht mit dem Gemeinwesen selbst, sondern mit einem General- oder Totalunternehmer ein Vertrag abgeschlossen, haftet das Gemeinwesen aufgrund der gesetzlichen Bürgschaft subsidiär für den Forderungsausfall, wenn der General- oder Totalunternehmer zahlungsunfähig ist.
Die Regelungen zur subsidiären Haftung des Gemeinwesens schaffen somit einen ausgewogenen Interessenausgleich: Einerseits bleibt die besondere Zweckbindung des Verwaltungsvermögens gewahrt, andererseits wird den berechtigten Interessen der Handwerker und Unternehmer durch eine gesetzlich verankerte Ersatzsicherheit Rechnung getragen. Für die Praxis bedeutet dies, dass Bauunternehmer und Subunternehmer bei öffentlichen Bauvorhaben sorgfältig prüfen müssen, ob das betroffene Grundstück dem Verwaltungs- oder dem Finanzvermögen (z.B. eine Mietwohnung im Eigentum der öffentlichen Hand) zuzuordnen ist – denn davon hängt ab, ob ein Bauhandwerkerpfandrecht zur Verfügung steht oder ob auf die subsidiäre Bürgschaft des Gemeinwesens zurückgegriffen werden muss.
Spannender Workshop – Austausch, Praxisbezug und neue Perspektiven.
Am 27. Mai 2025 durften wir gemeinsam mit der Gemeinde Support AG rund 60 engagierte Fachpersonen aus Gemeinden und Verwaltungen zu einem Workshop begrüssen. Im Fokus unseres Workshops standen drei aktuelle Themen: Einwendungsverhandlung, Arealüberbauung und Besitzstand.
Die Veranstaltung bot eine wertvolle Gelegenheit für den fachlichen Austausch und die Vertiefung zentraler Fragestellungen im Bereich Raumplanung und Baurecht. Rund 60 Teilnehmende aus verschiedenen Gemeinden und Verwaltungen nahmen teil und brachten sich aktiv ein.
Im Zentrum stand das Thema der Einwendungsverhandlung. Nach einem fachlichen Input durch Rechtsanwältin Michèle Bächli konnten sich die Teilnehmenden in geführten Gruppen kreativ mit dem Thema auseinandersetzen und eigene Erfahrungen einbringen. Neben rechtlichen Aspekten bot der Workshop Raum, die Zielesetzungen und Rollenverteilung in einer Einwendungsverhandlung kritisch zu hinterfragen. Auch die Gesprächskultur und mögliche Vereinbarungen wurden thematisiert.
Einen weiterein fachlichen Input lieferte Rechtsanwalt Michael Fretz zum komplexen Thema Arealüberbauung. Vertieft behandelt wurden unter anderem die Voraussetzungen für eine Arealüberbauung, Abweichungen von der Regelbauweise, die Beauftragung von Fachpersonen sowie der Inhalt von Fachberichten.
Rechtsanwalt Dr. Michael Pletscher beschäftige sich in seinem Referat mit dem Thema Besitzstand. Die Teilnehmenden setzten sich mit dem Anwendungsbereich der kantonalen Besitzstandsregelung sowie deren Voraussetzungen und Umfang auseinander.
Der Workshop war geprägt von einem offenen Austausch und einer engagierten Beteiligung der Teilnehmenden. Mit praxisnahen Inputs, inspirierenden Gruppenarbeiten und lebendigem Austausch haben wir gemeinsam rechtliche Grundlagen vertieft, Erfahrungen geteilt und Denkanstösse mitgenommen. Wir danken der Gemeinde Support AG für die ausgezeichnete Zusammenarbeit.
Pfisterer Fretz Munz AG
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