Die Auftragsvergabe (Zuschlag) im Submissionsrecht hat grundsätzlich nach bestimmten Entscheidungskriterien zu erfolgen, den sogenannten Zuschlagskriterien. Der Auftraggeber muss die Zuschlagskriterien und ihre Bedeutung (Gewichtung) in der Ausschreibung bekannt geben. Das gilt in der Regel auch für die Unter- oder Subkriterien.
Die Vergabe erfolgt zugunsten desjenigen Angebots, das im Vergleich zu den anderen Angeboten am besten bewertet worden ist. Es gilt als das sogenannt vorteilhafteste Angebot (Art. 41 Abs. 1 Interkantonale Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen vom 15. November 2019, IVöB). Die Bewertung der Angebote erfolgt aufgrund leistungsbezogener Zuschlagskriterien. Neben dem Preis und der Qualität einer Leistung kann die Vergabestelle auch Kriterien wie Zweckmässigkeit, Termine, technischer Wert, Wirtschaftlichkeit, Kreativität, Lieferbedingungen, Funktionalität, Fachkompetenz oder anderes berücksichtigen (Art. 29 Abs. 1 IVöB). Sie muss die Zuschlagskriterien und ihre Gewichtung (Bedeutung) bei jeder Submission neu definieren, sie veröffentlichen und sich danach daranhalten (Art. 29 Abs. 3 IVöB).
Bis zur IVöB galt im Kanton Aargau das Submissionsdekret vom 26. November 1996 (SubmD). Gemäss § 18 Abs. 3 SubmD mussten auch allfällige Teilkriterien mit ihrer Gewichtung in der Ausschreibung oder in den Ausschreibungsunterlagen angegeben werden. Die IVöB verlangt dies nicht mehr ausdrücklich, die Rechtsprechung jedoch weiterhin. Abgeleitet wird dies aus dem Grundsatz der Transparenz des Vergabeverfahrens (vgl. Art. 2 lit. b IVöB). Legt die Vergabestelle Subkriterien fest, sind diese grundsätzlich ebenfalls mit ihrer Gewichtung in der Ausschreibung bzw. den Ausschreibungsunterlagen bekannt zu geben. Eine Ausnahme gilt, wenn es sich um Subkriterien handelt, die einzig dazu dienen, die publizierten Zuschlagskriterien zu konkretisieren bzw. zu verfeinern. Solche bloss konkretisierenden Subkriterien müssen nicht publiziert werden. Nur Subkriterien, die eine eigenständige Bedeutung haben bzw. denen der Auftraggeber eine Bedeutung beimisst, die derjenigen eines Zuschlagskriteriums gleichkommt, müssen wie die Zuschlagskriterien vorgängig bekannt gegeben werden (vgl. AGVE 2009, S. 200, E. 3.1; jetzt zur IVöB im Aargau: Urteil Verwaltungsgericht Aargau WBE.2023.371 vom 21. Dezember 2023, E. 2.2). Ob die im konkreten Fall angewandten Unterkriterien in einem publizierten Kriterium enthalten sind, so dass sie nicht vorgängige bekanntzugeben sind, ist aufgrund der Gesamtheit der Umstände der konkreten Vergabe beurteilen (vgl. BGE 130 I 241 E. 5.1).
Bei der Auswahl und Gewichtung der Zuschlagskriterien kommt der Vergabestelle ein grosses Ermessen zu. Die Vergabestelle hat aber Kriterien zu wählen, die im Hinblick auf die ausgeschriebene Leistung sinnvoll sind. Preis und Qualität sind grundsätzlich immer als Zuschlagskriterien vorzusehen (Muss-Kriterien); nur bei der Beschaffung standardisierter Leistungen kann ausnahmsweise auf das Zuschlagskriterium Qualität verzichtet werden. Offene und unbestimmte Zuschlagskriterien bedürfen der näheren Definition durch Sub- und Teilkriterien.
Im Urteil des Verwaltungsgerichts WBE.2023.371 vom 21.Dezember 2023 mussten beispielsweise unter dem Zuschlagskriterium «Schlüsselpersonen» weitere Angaben zu den Schlüsselpersonen Baustellen-/Projektleiter und Baustellen‑/Projektleiter-Stellvertreter eingereicht werden, damit diese Angaben dann mit den Unterkriterien «Qualifikation», «Berufserfahrung (in Anzahl Jahre)» und «Referenzen (Baukosten)» bewertet werden konnten. Allen drei Kriterien wurden dabei zu je einem Drittel gewichtet.
Im Aargau hat die IVöB betreffend Bekanntgabe der Subkriterien somit keine Rechtsänderung gebracht.
Unterdessen werden für gewöhnlich von Anfang an blendfreie PV-Module eingesetzt. Bei bestehenden PV-Anlagen kommt es indes durchaus vor, dass diese das Sonnenlicht reflektieren und den Nachbarn blenden. Vorliegend interessiert, wie derartige Sonnenlichtreflexionen rechtlich zu erfassen sind und wie über deren Recht‑/Unrechtmässigkeit zu befinden ist.
Photovoltaik (PV) ist im Zusammenhang mit der Energieerzeugung in aller Munde. PV-Anlagen sind omnipräsent. Dass mit solchen Anlagen nicht nur Vor-, sondern auch Nachteile einhergehen, liegt in der Natur der Sache. Für den Nachbarn kann sich namentlich das von den Modulen reflektierende Sonnenlicht als störend erweisen. Wie mit diesen Lichtreflexionen bzw. der Blendwirkung rechtlich umzugehen ist, hat das Departement Bau, Verkehr und Umwelt (BVU) im jüngst publizierten EBVU.22.633 unter die Lupe genommen und sich dabei im Wesentlichen auf den Bundesgerichtsentscheid 1C_177/2011 abgestützt.
Das Sonnenlicht, welches von PV-Modulen reflektiert, hat die Eigenschaft von Strahlen nach Art. 7 USG. Vor lästigen oder gar schädlichen Strahleneinwirkungen ist die Umwelt zu schützen (Art. 1 Abs. 1 USG). Grundsätzlich legt der Bundesrat in entsprechenden Verordnungen zum USG Immissionsgrenzwerte fest, damit die im Einzelfall zuständigen Behörden (z.B. Gemeinderat) einfacher über die Zulässigkeit von Einwirkungen befinden können (Art. 13 USG). Für den Schutz vor sichtbarem Licht fehlen indes derartige Werte. Folglich müssen Art. 11-14 USG im Einzelfall direkt angewendet werden (Art. 12 Abs. 2 Satzteil 2 USG). Ob bei bestehenden Anlagen überdies Art. 16–18 USG, d.h. die Bestimmungen zur Sanierung, zu beachten sind, hängt davon ab, ob die relevanten Umweltschutzvorschriften zwischenzeitlich geändert haben.
Gemäss Art. 11–14 USG ist einem ersten Schritt zu prüfen, ob das von den PV-Modulen reflektierende Sonnenlicht zusammen mit allfälligen bestehenden Belastungen lästig und damit übermässig ist. Da die Leuchtdichte von Sonnenlichtreflexionen geringer ist als diejenige des direkten Sonnenlichts, fallen schädliche Reflexionen wohl ausser Betracht. Erweisen sich die Reflexionen zusammen mit allfälligen bestehenden Belastungen effektiv als lästig/übermässig, müssen emissionsbegrenzende Massnahmen getroffen werden, um die Gesamtbelastung unter die kritische Schwelle zurückzuführen (Art. 11 Abs. 2 USG). Bei der Übermässigkeitsprüfung sind sowohl die Intensität der Reflexionen als auch deren Einwirkungsdauer massgebend. Beide Sachverhaltselemente sind (gutachterlich) abzuklären. Da Ersteres im besagten BVU-Entscheid nicht festgestellt worden war, wies das BVU die Angelegenheit zur ergänzenden Sachverhaltsermittlung an den Gemeinderat zurück (EBVU.22.633, E. 5.3.2).
Überschreiten die Sonnenlichtreflexionen die Schwelle zur Übermässigkeit nicht, ist in einem zweiten Schritt zu ermitteln, ob die Reflexionen mit verhältnismässigen Massnahmen begrenzt werden können (Art. 11 Abs. 2 USG); das in Art. 11 Abs. 2 USG verankerte umweltschutzrechtliche Vorsorgeprinzip gilt bekanntlich ungeachtet der konkreten Belastung (Art. 11 Abs. 2 Satzteil 1 USG). Als Massnahmen kommen namentlich das Anbringen einer Antireflexionsfolie, eine Sandstrahlenbehandlung der montierten PV-Module, der Ersatz der bestehenden Module durch sog. reflexionsarme (blendfreie) Module oder Pflanzen zur Unterbrechung der Sichtverbindung zwischen der PV-Fläche und der vor Reflexionen zu schützenden Stellen in Betracht. Ob und wenn ja welche Massnahme anzuordnen ist, ist im Rahmen einer Interessenabwägung im Einzelfall zu eruieren.
«Quod non est in actis, non est in mundo », ist eine Regel aus dem römischen Recht und heisst so viel wie «was nicht in den Akten steht, ist auch nicht in der Welt». Ganz so streng gilt dies heute nicht mehr. Aber die Pflicht zur Akten- und Protokollführung gilt auch heute noch.
Die Wahrung des rechtlichen Gehörs ist eines der grundlegenden Verfahrensrechte in sämtlichen Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen. Der Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör ist daher in der Bundesverfassung enthalten (Art. 29 Abs. 2 BV). Der Anspruch umfasst das Recht auf Äusserung und Anhörung im Verfahren, das Recht auf Vertretung und Verbeiständung, der Anspruch auf Begründung eines Entscheids und insbesondere auch der Anspruch auf Akteneinsicht.
Das Recht auf Akteneinsicht bedingt auf der anderen Seite eine Pflicht zur Aktenführung. Die Aktenführungsplicht von Verwaltung und Behörde bildet damit das Gegenstück zum Akteneinsichtsrecht. Was auf den ersten Blick einleuchtend klingt, führt bei genauerer Betrachtung schnell zur Frage: Was gehört in die Akten?
Gemäss Rechtsprechung ist die Behörde verpflichtet, ein vollständiges Aktendossier über das Verfahren zu führen, um gegebenenfalls ordnungsgemäss Akteneinsicht gewähren und bei einem Weiterzug diese Unterlagen an die Rechtsmittelinstanz weiterleiten zu können. Die betroffene Person hat einen Anspruch auf eine geordnete und übersichtliche Aktenführung(Urteil des Verwaltungsgerichts WBE.2022.216 vom 26. Oktober 2022, E.3.3 mit Verweisen auf diverse BGE).
Positiv ausgedrückt haben die Behörden alles in den Akten festzuhalten, was entscheidwesentlich sein kann. Negativ ausgedrückt werden Unterlagen, denen für die Behandlung des Falls kein Beweischarakter zukommt, nicht vom Akteneinsichtsrecht erfasst. Diese Unterlagen dienen ausschliesslich der verwaltungsinternen Meinungsbildung und sind für den verwaltungsinternen Gebrauch bestimmt. Es handelt sich dabei etwa um Entwürfe, Anträge, Notizen, Mitberichte oder Hilfsbelege. Massgebend für die Gewährung oder Verweigerung der Akteneinsicht ist, ob eine Unterlage Sachverhaltsfeststellungen enthält oder Beweischarakter aufweist. Können die Akten für den Ausgang des Verfahrens wesentlich sein, ist die Einsicht zu gewähren. Wird die Akteneinsicht zur Wahrung wichtiger öffentlicher oder schutzwürdiger privater Interessen verweigert, ist der betroffenen Partei der belastende Inhalt mitzuteilen, wenn zu ihrem Nachteil darauf abgestellt werden soll (§ 22 Abs. 3 VRPG; Urteil des Spezialverwaltungsgerichts 4-BE.2021.17 vom 14. Februar 2024, E. 4.4)
Da in den Akten alles festgehalten werden muss, was entscheidwesentlich sein kann, ergibt sich aus der Pflicht zur Aktenführung auch eine Pflicht zur Protokollführung. Die Behörden sind gemäss Rechtsprechung verpflichtet, über entscheidwesentliche Abklärungen, Zeugeneinvernahmen und Verhandlungen Protokoll zu führen (Urteil des Spezialverwaltungsgerichts 4-BE.2021.17 vom 14. Februar 2024, E. 4.4). Dies gilt auch für durchgeführte Augenscheine oder Einspracheverhandlungen.
Die Verwaltungsbehörde (bspw. der Gemeinderat) hat daher über die wesentlichen Ergebnisse des Augenscheins immer ein Protokoll zu erstellen, das den Parteien auch jederzeit zur Einsichtnahme offenstehen muss. Die beim Augenschein gemachten Feststellungen sind so weit zu protokollieren, als sie für den Entscheid erheblich sein können. Ein Wortprotokoll ist in der Regel nicht erforderlich. Das Protokoll ist auszufertigen, bevor der Entscheid gefällt wird. Auf die Ausfertigung des Protokolls kann nur verzichtet werden, wenn kein Sachentscheid gefällt werden muss, beispielsweise bei einem Rückzug des Gesuchs. Aber auch in diesem Fall empfiehlt sich, eine Aktennotiz anzulegen mit dem Vermerk, wann und wo der Augenschein durchgeführt wurde und welche Personen anwesend waren. Eine separate Zustellung des Protokolls (vor der Zustellung des Entscheids) muss nur auf ausdrücklichen Wunsch der Parteien hin erfolgen.
Die Protokollführungspflicht gilt gleichermassen für Einsprache- und Einwendungsverhandlungen des Gemeinderats. Die Verhandlung ist in den wesentlichen Punkten zu protokollieren und den Einsprechern ist auf Verlangen Einsicht in das Protokoll zu geben. Da die Parteien die Möglichkeit haben, sich an der Verhandlung zu den Ausführungen der Gegenpartei bzw. der Behörde direkt zu äussern, genügt auch hier ein zusammenfassendes Protokoll. Ein Wortprotokoll ist nicht zwingend.
Besteht ein Akten- und Protokollführungspflicht, stellt sich zwangsläufig die Frage, was die Folgen sind, wenn die Behörde dieser Pflicht nicht nachkommt.
Die Vernachlässigung der Akten- und/oder Protokollführungspflicht stellt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist formeller Natur, d.h. von der (materiellen) Sache unabhängig. Wird die Verletzung des Gehörsanspruchs erfolgreich gerügt, führt dies zur Aufhebung der angefochtenen Verfügung. Dabei spielt es keine Rolle, ob die korrekte Akten- oder Protokollführung im konkreten Fall einen Einfluss auf den Ausgang des Entscheids in der Sache hatte. Ausnahmsweise kann die Gehörsverletzung im Rechtsmittelverfahren geheilt werden. In jedem Fall wird die Gehörsverletzung aber bei der Kostenverteilung berücksichtigt.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Behörden sämtlicher Instanzen, vom Gemeinderat bis zu den Gerichtsbehörden, verpflichtet sind, ein vollständiges Aktendossier zu führen. Daraus resultiert auch die Pflicht zur Protokollführung. Das Protokoll muss die entscheidrelevanten Tatsachen festhalten. Werden entscheidrelevante Handlungen oder Aussagen nicht protokolliert, stellt dies eine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar. Im Zweifel empfiehlt sich daher: lieber eine Aktennotiz zu viel als eine zu wenig.
In Kauf- und Werkverträgen über Stockwerkeigentum ab Plan werden die Mängelrechte häufig abgetreten, meist in Kombination mit einer Freizeichnung des Verkäufers für seine Gewährleistungspflicht. Diese Abtretung der Mängelrechte ist für den Käufer/Besteller mit erheblichen Risiken verbunden, falls Mängel auftreten.
Wer mit einem Total- oder Generalunternehmer baut, wird häufig mit dem Begriff der «Abtretung der Mängelrechte» konfrontiert. Diese Abtretung von Mängelrechten findet sich oft in Kauf-/Werkverträgen über Stockwerkeigentum.
Der Verkäufer einer Wohnung zeichnet sich zum Beispiel von seiner Gewährleistungspflicht für Mängel frei und tritt dem Käufer der Wohnung im Gegenzug seine gegenüber den Unternehmern aus Werkvertrag zustehenden Mängelrechte (Nachbesserung, Minderung und Wandelung) ab. Auch in Werkverträgen über Bauwerke sind vielmals entsprechende Haftungsbeschränkungen des General- oder Totalunternehmers enthalten.
Diese Vertragsklauseln sollen bewirken, dass sich der Käufer für Baumängel nicht an den Verkäufer oder Unternehmer halten, dafür aber den oder die Subunternehmer in Anspruch nehmen kann, gegen welche der Verkäufer oder Unternehmer sonst selbst vorgehen müsste.
In diesem Zusammenhang stellen sich häufig folgende Fragen: Kann ein Verkäufer oder Totalunternehmer seine Haftung für Mängelrechte vollumfänglich wegbedingen? Kann man Mängelrechte überhaupt abtreten? Kann ein Käufer ihm abgetretene Mängelrechte erfolgreich geltend machen? Was bedeutet die Abtretung der Mängelrechte? Und ist ein Verkäufer oder Totalunternehmer aufgrund der Abtretung der Mängelrechte vor Ansprüchen der Käufer geschützt?
Gemäss herrschender Lehre und Rechtsprechung ist das Nachbesserungsrecht abtretbar. In der Lehre besteht jedoch Uneinigkeit darüber, ob auch die weiteren Mängelrechte (Minderung und Wandelung) an einen Dritten abgetreten werden können. Die herrschende Lehre vertritt die Auffassung, dass Wandelungs- und Minderungsrechte nicht abgetreten werden können, da diese untrennbar mit dem jeweiligen Werkvertrag verbunden sind.
Stellt der Käufer einer Stockwerkeigentumseinheit ab Plan mit abgetretenen Mängelrechten Mängel fest, stellt sich die Frage, bei wem er diese zu rügen hat. Beim Verkäufer, der seine Mängelrechte abgetreten hat? Oder beim Subunternehmer, der die Mängel mutmasslich zu verantworten hat? Die Mängelrüge hat gegenüber dem Subunternehmer zu erfolgen. Wir empfehlen jedoch, die Mängel vorsichtshalber auch gegenüber dem Verkäufer zu rügen.
Wenn die Mängel in der Folge nicht nachgebessert werden, tritt ein weiteres Problem auf: Um das Nachbesserungsrecht gerichtlich durchzusetzen, reicht die dem Käufer im Idealfall bereits übergebene Unternehmerliste nicht aus. Der Käufer bräuchte Zugang zu Werkverträgen, Bausitzungsprotokollen und weiteren Dokumenten. Ohne diese Unterlagen ist der Käufer ausserstande zu erkennen, wann beispielsweise die Rügefrist zu laufen begann und wie die konkreten Ansprüche ausgestaltet sind. Derjenige, der Ansprüche abtritt (hier der Verkäufer) ist «verpflichtet, dem Erwerber die Schuldurkunde und alle vorhandenen Beweismittel auszuliefern und ihm die zur Geltendmachung der Forderung nötigen Aufschlüsse zu erteilen» (Art. 170 Abs. 2 OR). Ohne diese Unterlagen ist der Käufer ausserstande, zu erkennen, wann beispielsweise die Rügefrist zu laufen begann und wie die konkreten Ansprüche ausgestaltet sind. Weigert sich der Verkäufer, diese Unterlagen herauszugeben und entsprechend zu informieren, läuft er Gefahr, dass die Abtretung der Mängelrechte unwirksam ist. Daher wähnt sich wohl auch der Verkäufer bei einer Freizeichnung und Abtretung in der falschen Sicherheit, dass er vom Käufer nichts zu befürchten hat. Auch diese Annahme kann wie aufgezeigt falsch sein. Trotz Freizeichnung und Abtretung der Mängelrechte ist die Sache für den Verkäufer also nicht erledigt.
Die mit einer Freizeichnung verbundene Abtretung der Mängelrechte erweist sich daher für beide Vertragsparteien als problematisch. Eine Freizeichnung und Abtretung der Mängelrechte führt insbesondere für den Käufer von Stockwerkeigentum am Plan zur trügerischen Vorstellung, die Mängelrechte gegenüber dem Subunternehmer ohne weiteres durchsetzen zu können. Andererseits kann der Verkäufer trotz der Freizeichnung und Abtretung der Mängelrechte unter Umständen belangt werden.
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