Per 1. November 2021 ist der neue § 36a BauV in Kraft getreten. Damit definiert der Regierungsrat Mindestmasse für Wohn-, Schlaf- und Arbeitsräume von Neubauten und bestimmt, welche Nebenräume neue Mehrfamilienhäuser aufweisen müssen. Wir zeigen die Hintergründe der Verordnungsänderung und die Auswirkungen auf die Praxis auf.
Vor dem 1. November 2021 bestimmte jede Aargauer Gemeinde die Anforderungen an die Raum- und Fenstermasse bei Neubauten autonom. Ob ein Mehrfamilienhaus eine Mindestanzahl Nebenräume haben musste und ob diese eine Mindestfläche aufweisen mussten, stand in der Bau- und Nutzungsordnung der betreffenden Gemeinde.
Mit der Teilrevision der Bauverordnung (BauV, SAR 713.121) per 1. November 2021 änderte sich dies. Seither bestimmt der Regierungsrat mit § 36a Abs. 1 BauV die Mindestmasse für die lichte Höhe und die Befensterung von Wohn-, Schlaf- Arbeitsräumen in Neubauten. § 36a Abs. 2 BauV legt zudem neu kantonal einheitlich die Mindestgrösse und die Lage von Nebenräumen in neuen Mehrfamilienhäusern fest.
Den Gemeinden steht es jedoch nach wie vor frei, über § 36a Abs. 2 BauV hinausgehende Anforderungen an die lichte Höhe und die Befensterung von Wohn‑, Schlaf- Arbeitsräumen sowie an die Ausstattung von Mehrfamilienhäusern mit Nebenräumen zu stellen. Kommunale Vorschriften, die weniger weit gehen als die Mindestanforderungen von § 36a BauV, haben für nach dem 1. November 2021 eingereichte Baugesuche ihre Bedeutung verloren. Solche Baugesuche haben neu den Mindestanforderungen von § 36a BauV zu genügen. Nur Baugesuche, die vor dem 1. November 2021 eingereicht wurden, sind nach dem zuvor geltenden Recht zu beurteilen (§ 63 Abs. 1 BauV).
Die Ergänzung der BauV mit § 36a BauV sollte eine kantonale Vereinheitlichung bringen und die kommunalen Bau- und Nutzungsordnungen entlasten. In den Erläuterungen zu den Änderungen der BauV (vom 25. August 2021) werden diese neuen Vorschriften mit der Wohnhygiene begründet und § 52 Abs. 3 BauG als gesetzliche Grundlage dafür angeführt (§ 52 Abs. 3 BauV: «Der Regierungsrat kann Bestimmungen über die Wohnhygiene und technische Bauvorschriften […] erlassen.»).
Die seit dem 1. November 2021 geltenden Mindestmasse für Wohn- Schlaf- und Arbeitsräume von Neubauten gemäss § 36a Abs. 1 BauV haben in der Praxis zu keinen grossen Fragen geführt, zumal die meisten Gemeinden in ihren Bau- und Nutzungsordnungen bereits ähnlich lautende Bestimmungen kannten. Auch ist der Regierungsrat gestützt auf § 52 Abs. 3 BauG zweifellos befugt zum Erlass von § 36a Abs. 1 BauV. Dieser lautet wie folgt:
«In Wohn-, Schlaf- und Arbeitsräumen von Neubauten gelten folgende Mindestmasse für die lichte Höhe und die Befensterung:
a) lichte Höhe für Vollgeschosse: 2,40 m,
b) lichte Höhe für Dachgeschosse: 2,40 m auf einer Fläche von mindestens 5 m²,
c) Fensterfläche: 1/10 der Bodenfläche; die Fenster müssen direkt ins Freie führen. Bei Dachflächenfenstern kann die Fensterfläche (Lüftungsöffnung) bis auf 1/15 der nutzbaren Bodenfläche (siehe § 32 Abs. 2 lit. a Ziff. 6) reduziert werden.»
Zu Verwirrung führte demgegenüber § 36a Abs. 2 BauV:
«Neue Mehrfamilienhäuser müssen Nebenräume mit folgenden Mindestgrössen aufweisen:
a) im Estrich oder auf gleichem Geschoss wie die Wohnung: 4 m² pro Wohnung und
b) im Keller: 4 m² für eine 1-Zimmer-Wohnung, 1 m² zusätzlich für jedes weitere Zimmer.»
Zum einen wurden zahlreiche Bauwillige von der unerwarteten und vorgängig nicht breit kommunizierten Änderung der BauV überrascht. Baugesuche, die auf Basis der Anforderungen an Nebenräumen in Mehrfamilienhäusern gemäss anwendbarer BNO geplant wurden, waren nach dem 1. November 2021 plötzlich nicht mehr bewilligungsfähig.
Zum anderen stellten sich viele Gemeinden die berechtigte Frage, ob der Umfang und die Lage von Nebenräumen in Mehrfamilienhäusern eine Frage der Wohnhygiene ist und ob somit § 52 Abs. 3 BauG eine genügende gesetzliche Grundlage für § 36a Abs. 2 BauV darstellt. Aus unserer Sicht ist die Anzahl an Nebenräumen in Mehrfamilienhäusern keine Frage der Raumhöhe und -grösse, Belichtung, Besonnung, Belüftung oder Ausrichtung von Gebäuden und lässt sich daher mit der Wohnhygiene nur unzureichend begründen.
Sieht man davon ab, sind die in § 36a Abs. 2 BauV verwendeten Begriffe konkretisierungsbedürftig und werfen Fragen auf:
Im Kanton Aargau schreibt das kantonale Recht die Erstellung einer bestimmten Anzahl Autoabstellplätze vor. Gleichzeitig werden die Gemeinden ermächtigt, planerisch in bestimmten Gebieten davon abzuweichen oder im Einzelfall Ausnahmen zu machen. Fragen rund um die teilweise oder vollständige Befreiung von der Pflicht zur Erstellung von Autoparkfeldern sind ein Dauerbrenner. Ausserdem ist per 1. November 2021 mit § 43a BauV eine neue Bestimmung zum autoarmen/‑freien Wohnen in Kraft getreten.
Wer im Kanton Aargau Bauten und Anlagen erstellt oder solche eingreifend umgestaltet, erweitert oder im Zweck ändert, hat genügend Fahrzeugabstellplätze zu schaffen (§ 55 Abs. 1 Satz 1 BauG). Was genügend ist, regelt in Sachen Autos die Norm VSS 40 281 «Parkieren; Angebot an Parkfeldern für Personenwagen» vom 31. März 2019 (§§ 56 Abs. 5 i.V.m. 43 Abs. 1–3 BauV). Meistens gelangt für die Ermittlung der notwendigen Anzahl an Abstellplätzen das vereinfachte Verfahren dieser Norm zur Anwendung. Im vereinfachten Verfahren gibt die Norm lediglich Richtwerte vor, was heisst, dass ohne Grund nicht davon abgewichen werden darf.
Die im Grundsatz notwendigen Abstellplatzzahlen gelten nicht absolut. Zunächst besteht im Rahmen der kommunalen Verkehrs- und Nutzungsplanung eine Abweichungsmöglichkeit. Mit dem Nutzungsplan können Gemeinden gestützt auf den kommunalen Gesamtplan Verkehr in bestimmten Gebieten entweder ganz oder teilweise von der Erstellung der grundsätzlich notwendigen Anzahl Autoparkfelder befreien oder die Erstellung ganz oder teilweise untersagen (§§ 54a Abs. 2 i.V.m. 55 Abs. 4 BauG). Sodann kann der Gemeinderat im Einzelfall – ungeachtet einer planerischen Vorgabe – gehalten sein, vollständig oder teilweise von der Parkfelderstellungspflicht zu befreien (§ 55 Abs. 3 BauG).
Hierzu einige Bemerkungen zu aktuellen oder immer wieder aktuellen Fragen:
Über die Verkehrs- und Nutzungsplanung können Gemeinden in Quartieren mit guter Anbindung an den öffentlichen Verkehr insbesondere die Voraussetzungen für autoarmes oder ‑freies Wohnen schaffen (§ 55 Abs. 4 lit. c BauG). Wer in solchen Quartieren im Zusammenhang mit einem Bauprojekt autoarmes oder ‑freies Wohnen beantragt, muss ein Mobilitätskonzept vorweisen. Das Mobilitätskonzept ist von einer Fachperson zu erarbeiten (BVU AG, Erläuterungen zur Änderung der BauV vom 25. August 2021, S. 19). Es muss aufzeigen, weshalb ein geringerer oder gar kein Autoabstellplatzbedarf besteht und mit welchen Massnahmen dieser reduzierte Bedarf dauerhaft sichergestellt wird (§ 43a Abs. 1 BauV; BVU AG, Erläuterungen zur Änderung der BauV vom 25. August 2021, S. 19). Da Gemeinden lediglich konkretisierende und keine davon abweichenden Bestimmungen erlassen können (§ 43a Abs. 3 BauV), ist das Mobilitätskonzept zwingend. Im Übrigen kann nach Ansicht des Departements Bau, Verkehr und Umwelt im Kontext des autoarmen oder ‑freien Wohnens nicht vollständig auf die Erstellung der Parkfelder für Besucherinnen und Besucher (und für den Güterumschlag und Ähnliches) verzichtet werden; gestützt auf ein Mobilitätskonzept sei lediglich eine Reduktion möglich (§ 43a Abs. 1 BauV; BVU AG, Erläuterungen zur Änderung der BauV vom 25. August 2021, S. 19).
§ 55 Abs. 3 BauG ist als Ausnahmetatbestand konzipiert. Damit die Ausnahme nicht zur Regel wird, muss ein gewisser Sachzwang bestehen, damit der Gemeinderat im Einzelfall ganz oder teilweise von der Pflicht zur Erstellung von Parkfeldern befreien darf. Gerade bei Neubauvorhaben dürften solche Sachzwänge nur selten gegeben sein. Es ist Sache der Bauherrschaft, ein Unterangebot mit einer umsichtigen Planung zu vermeiden. Der Umstand, dass der Bau einer Tiefgarage ausgeschlossen oder unverhältnismässig ist, begründet beispielsweise noch keinen Sachzwang. Von einem Sachzwang kann diesfalls erst dann gesprochen, wenn die Redimensionierung des Projekts und/oder eine anderweitige weniger parkplatzintensive Nutzung ein vernünftige und rentable zonenkonforme Nutzung ausschliesst oder überwiegende öffentliche Interessen, namentlich Ortsbildschutz- oder Verkehrssicherheitsinteressen, eine oberirdische Parkierung verbieten (zum Ganzen VGer AG, WBE.2015.202, 9. Dezember 2015, E. 4.4.3; vgl. auch BGer, 1C_3/2013, 1C_19/2013, 19. November 2013, E. 9.2).
Weitere Abweichungs- bzw. Ausnahmetatbestände als § 55 Abs. 3 und 4 BauG sieht das kantonale Recht im Übrigen nicht vor. Insbesondere genügt es nicht, wenn sich die Bauherrschaft bereit erklärt, eine Ersatzabgabe nach § 58 BauG zu entrichten. Allein deshalb dürfen Gemeinden weder ganz noch teilweise von der Pflicht zur Erstellung von Autoparkfeldern absehen.
Terrassenhäuser sind in der Höhe gestaffelte Gebäude mit Gebäudestufen, die der Hangneigung nach versetzt sind. Das Verhältnis der Grundflächen von Terrasse und zurückversetzter Gebäudeeinheit soll mindestens 1:3 betragen. Die revidierte Fassung von § 17 BauV präzisiert neu, dass Teile des Gebäudekubus, die vollständig unter dem massgebenden Terrain liegen und nicht sichtbar sind, nicht an die «zurückversetzte Gebäudeeinheit» angerechnet werden müssen.
In unserem Newsletter vom September 2017 haben wir die Terrassenhäuser aus rechtlicher Sicht dargestellt und insbesondere die einzelnen Anforderungen beleuchtet.
Mit der Teilrevision der BauV, wie sie per 1. November 2021 in Kraft getreten ist, hat sich ein wesentlicher Punkt geändert. Das Verhältnis der Grundflächen von Terrasse und zurückversetzter Gebäudeeinheit soll zwar weiterhin mindestens 1:3 betragen. Neu ist jedoch folgende Präzisierung:
Teile des Gebäudekubus, die vollständig unter dem massgebenden Terrain liegen und nicht sichtbar sind, sind nicht mitzurechnen.
Liegt der Gebäudekubus nicht auf beiden Seiten in gleicher Weise unter dem Terrain, ist seine Fläche entsprechend dem Terrainverlauf anteilsmässig anzurechnen (vgl. Erläuterungen der Rechtsabteilung des Departements Bau, Verkehr und Umwelt zur Änderung vom 25. August 2021).
Die Präzisierung hat zur Folge, dass die minimale Terrassenfläche im Verhältnis zur Wohnfläche kleiner ausfällt. Dies jedenfalls dann, wenn das Terrassenhaus über Räume verfügt, die im Hang bzw. vollständig unter dem massgebenden Terrain angeordnet werden (und nicht sichtbar sind). Terrassenhäuser können dadurch weniger gestaffelt erstellt werden, was an steilen Hanglagen von Vorteil ist.
Die Terrassenhausvorschrift von § 17 BauV hat in den Gemeinden, die die Baubegriffe und Messweisen der IVHB bereits eingeführt haben, nur einen sehr engen Anwendungsbereich. Sie ist nur noch für die Beurteilung der Geschossigkeit von Bedeutung, da diese für jeden Gebäudeteil separat ermittelt wird (Ziff. 6.1, Anhang 1 zur BauV).
Nach wie vor dürfen Terrassenhäuser im Sinne von § 17 BauV nur am Hang erstellt werden. Als Hang gilt eine Neigung des massgebenden Terrains von mehr als 10% (§ 17a BauV).
Einer Unternehmung, welche sich um die Arbeiten beworben hat, ist zumindest kurz zu erklären, weshalb ihr Angebot nicht berücksichtigt worden ist. Aussagen wie «aufgrund der vorgängig festgelegten Vergabekriterien hat sich das Angebot der Gegenpartei als das wirtschaftlichste erwiesen» genügen dazu nicht.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau setzte sich im Urteil WBE.2022.157 vom 30. Juni 2022 mit der Frage des Ausschlusses und der Begründungspflicht in einem Vergabeverfahren auseinander. Einerseits ging es um die Frage, wann ein Ausschluss zu verfügen sei, andererseits um die Pflicht zur Begründung des Ausschlusses und die Folgen bei ungenügender Begründung.
Gemäss Art. 53 Abs. 1 lit. h Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen (IVöB) kann der Ausschluss als Verfügung angefochten werden. Die Vergabestelle ist frei, ob sie den Ausschluss während des laufenden Verfahrens oder erst zusammen mit dem Zuschlag verfügen will. Sie kann ein Ausschlussverfahren ab Offertöffnung bis zum Zuschlag grundsätzlich jederzeit einleiten. Es liegt in ihrem Ermessen, wann sie den Ausschluss innerhalb dieses Zeitraums vornimmt. Sie hat zudem die Möglichkeit einen Anbieter entweder individuell und explizit mittels Verfügung auszuschliessen oder implizit, durch die Zuschlagserteilung mittels Verfügung an einen anderen Anbieter. Denn der Anbieter hat keinen Anspruch auf eine individuelle Ausschlussverfügung, also einen separaten Entscheid über seinen Ausschluss.
Dieses Vorgehen führt dazu, dass ein implizit (also ohne Ausschlussverfügung) ausgeschlossener Anbieter, der gegen den Zuschlag an einen anderen Anbieter (Zuschlagsempfänger) Beschwerde erhebt, erstmals im Beschwerdeverfahren vor Verwaltungsgericht aus der Beschwerdeantwort der Vergabestelle die Gründe seines Ausschlusses erfährt. Er kann sich erst dann dagegen wehren.
Im genannten Verfahren vor Verwaltungsgericht hatte die Vergabestelle in der Zuschlagsverfügung festgehalten, das Angebot des Zuschlagsempfängers habe sich «aufgrund der vorgängig festgelegten Vergabekriterien als das wirtschaftlichste erwiesen». Das Verwaltungsgericht hielt fest, damit sei die Begründungspflicht (Art. 51 Abs. 2 und 3 IVöB) nicht erfüllt. Denn es fehle eine summarische Begründung mit den massgebenden Merkmalen und Vorteilen des berücksichtigen Angebots (Art. 51 Abs. 3 lit. c IVöB). Die Begründung müsse konkrete Anhaltspunkte für die Vorteile der Zuschlagsofferte enthalten. Der ausgeschlossene bzw. unterlegene Anbieter habe Anspruch auf Kenntnis der Gründe, einerseits weshalb sein Angebot nicht berücksichtigt worden sei, sowie andererseits der relativen Vorteile des Angebots des erfolgreichen Anbieters. Dies müsse in den Grundzügen nachvollziehbar dargestellt werden. Das sei vorliegend nicht erfolgt. Deshalb sei die Begründungspflicht verletzt.
Trotz Verletzung der Begründungspflicht ging das Verwaltungsgericht praxisgemäss von einer «Heilung» des Mangels aus. Denn die Anbieterin habe die Gründe ihres Ausschlusses vor Verwaltungsgericht in der Beschwerdeantwort der Vergabestelle nachlesen können. Sie hätte anschliessend die Möglichkeit gehabt, sich in einer Replik dazu zu äussern, hatte darauf aber verzichtet. So sei dieser Begründungsmangel «geheilt» worden. Der Mangel wurde jedoch praxisgemäss beim Kostenentscheid berücksichtigt: Die Gemeinde musste einen Viertel der Verfahrenskosten tragen.
Der Entscheid bestätigt einmal mehr, dass Aussagen wie «das Angebot hat sich als das wirtschaftlich günstigste erwiesen» oder «hat die Zuschlagskriterien am besten erfüllt» Worthülsen sind. Es wird damit lediglich das Gesetz (bzw. die IVöB) wiederholt, ohne eigentliche Begründung.
Somit gilt: Auch ein Ausschluss muss zumindest kurz, summarisch begründet sein, und zwar bezogen auf den konkreten Fall, nicht mit «Worthülsen». Das Gleiche gilt für die Erklärung, weshalb ein anderes Angebot berücksichtigt worden ist. Es bietet sich an, dies beispielweise im Schreiben, mit welchem über den Zuschlag an einen anderen Anbieter informiert wird (Absageschreiben), kurz darzulegen. Die Unterlassung kann im Beschwerdeverfahren zur teilweisen Pflicht zur Kostentragung führen, selbst wenn die Beschwerde abgewiesen wird.
In den Gemeinden im Aargau können 10% der Stimmberechtigten eine Initiative lancieren oder ein Referendum ergreifen. Die Hürden sind damit vor allem in grossen Gemeinden sehr hoch. Sie werden per 1. Januar 2023 in Gemeinden mit Einwohnerrat auf 5 % gesenkt. Alle anderen Gemeinden können diese auch senken.
Nach dem Gemeindegesetz des Kantons Aargau (SAR 171.100, GG) liegt die Unterschriftenzahl für Initiativen und Referenden bei 10% der Stimmberechtigten. Die Hürden sind damit vor allem in grossen Gemeinden sehr hoch. In einer Gemeinde mit rund 22'000 Einwohner/innen bzw. rund 14'500 Stimmberechtigten (wie Aarau) müssen 1'450 Unterschriften gesammelt werden. Im Vergleich dazu reichen im Kanton Aargau bei einer Bevölkerungszahl von 708'000 (Ende Juni 2022) 3'000 Unterschriften. Dieses Verhältnis auf Ebene Kanton bzw. Gemeinde stimmt nicht ansatzweise überein.
Der Grosse Rat hat die Unterschriftenzahl für Gemeinden mit Einwohnerrat daher gesenkt. Neu können 5 % der Stimmberechtigten das Referendum ergreifen (§ 58 Abs. 1 GG) oder eine Initiative lancieren (§ 60 Abs. 1 GG). In den Gemeinden mit Gemeindeversammlung hat die Unterschriftenzahl nicht geändert. Die Gemeinden erhalten jedoch mehr Flexibilität und können die Limite neu bis auf 5 % senken. Das Maximum liegt unverändert bei 25 % für ein Referendum.
Der Grosse Rat wollte die Stellung der Gemeindeversammlung nicht durch eine Senkung der Referendumshürde in Frage stellen. Die Gemeinden sollen selbst entscheiden. Bei den Gemeinden mit Einwohnerrat sah der Grosse Rat jedoch keinen Grund, die Beschlüsse des Einwohnerrates durch eine hohe Hürde stärker zu schützen als jene des Grossen Rates, gegen die mit 3'000 Unterschriften das Referendum möglich ist.
Die Änderung tritt per 1. Januar 2023 in Kraft.
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