Baubewilligungspflicht für Wärmepumpen-Heizung: Als Aussenanlagen errichtete Luft/Wasser-Wärmepumpen bedürfen einer Baubewilligung.
Im Jahr 2020 wurden in der Schweiz rund 28'000 Wärmepumpen verkauft, davon rund ¾ Luft/Wasser-Wärmepumpen. Jahr für Jahr steigen die Verkaufszahlen. Auch werden häufig in die Jahre gekommene Öl- und Gasheizungen durch Wärmepumpen-Heizungen ersetzt. Gemäss dem Bundesamt für Energie müssen bis 2050 rund 900'000 fossile Heizungen (Stand 2019) saniert werden. Es ist anzunehmen, dass davon ein Grossteil mit Wärmepumpen-Heizungen ersetzt wird.
Bei Luft/Wasser-Wärmepumpen wird die Umgebungstemperatur der Luft dazu genutzt, über einen Wärmetauscher die benötigte Heizenergie zu erzeugen. Hierzu muss das Kältemittel im Gerät komprimiert werden. Der Verdichtungsprozess und die Ventilatoren erzeugen Betriebsgeräusche. Das kann zu unerwünschtem Schall und damit zu Konflikten in der Nachbarschaft oder im eigenen Wohngebäude führen. Während der Körperschall meist durch die Beratung eines fachlich versierten Heizungstechnikers optimiert werden kann, beinhaltet der Aussenschall lärmrechtliches Konfliktpotential. Vor allem die Geräusche von aussen aufgestellten Luft/Wasser-Wärmepumpen führen zu zahlreichen bau- und lärmrechtlichen Fragen.
Bei der Luft-Wasser-Wärmepumpe handelt es sich um eine ortsfeste Anlage im Sinne von Art. 7 Abs. 7 des Umweltschutzgesetzes (USG) und Art. 2 Abs. 1 der Lärmschutz-Verordnung (LSV), bei deren Betrieb Lärmemissionen verursacht werden. Die bundesrechtlichen Bestimmungen über den Lärmschutz sind deshalb anzuwenden.
Nach Art. 22 Abs. 1 des Raumplanungsgesetzes des Bundes (RPG) dürfen Bauten und Anlagen nur mit behördlicher Bewilligung errichtet oder geändert werden. Bauten und Anlagen im Sinne dieser Bestimmung sind künstlich geschaffene und auf Dauer angelegte Einrichtungen, die in fester Beziehung zum Erdboden stehen und geeignet sind, die Vorstellung über die Nutzungsordnung zu beeinflussen, sei es, dass sie den Raum äusserlich erheblich verändern, die Erschliessung belasten oder die Umwelt beeinträchtigen (BGE 113 Ib 314 E. 2b S. 315 f.).
Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung verursachen zumindest als Aussenanlagen errichteten Luft/Wasser-Wärmepumpen erhebliche Lärmemissionen, die in einer weiteren Umgebung wahrnehmbar sind. Deshalb besteht aufgrund ihres Betriebslärms ein Interesse der Nachbarn an einer vorgängigen Kontrolle. Sie berühren die Nutzungsordnung, auch wenn es sich um Kleinanlagen handelt. Aussen aufgestellte Luft/Wasser-Wärmepumpen brauchen daher gestützt auf Art. 22 Abs. 1 RPG eine Baubewilligung (BGer 1C_389/2019 vom 27. Januar 2021, E. 3.3, vgl. auch den Entscheid des Departements Bau, Verkehr und Umwelt vom 11. Juli 2012, in AGVE 2012 S. 344). Auch die Einhaltung des Vorsorgeprinzips gemäss Art.11 Abs. 2 USG muss im Baubewilligungsverfahren geprüft werden (vgl. BGer 1C_506/2008 vom 12. Mai 2009). Offen liess das Bundesgericht im Entscheid vom 27. Januar 2021 hingegen, ob auch innen aufgestellte Anlagen nach Art. 22 RPG baubewilligungspflichtig sind.
Die Kantone dürfen nicht von der Bewilligungspflicht ausnehmen, was nach Art. 22 RPG einer Bewilligung bedarf. Dennoch verzichtet der Kanton Basel-Stadt (und bald wohl auch Basel-Landschaft) für innen aufgestellte Luft/Wasser-Wärmepumpen auf eine Baubewilligung. Er führte für kleinere aussen aufgestellte Anlagen eine blosse Meldepflicht ein. Auch im Kanton Bern sind innen aufgestellte Luft/Wasserwärmepumpen je nach Bauart bewilligungsfrei. Es ist anzunehmen, dass weitere Kantone ähnliche Regelungen erlassen werden.
Ob diese Regelungen mit Art. 22 RPG übereinstimmen, werden wohl die Gerichte entscheiden müssen. Zumindest bei aussen aufgestellten Anlagen ist eine blosse Meldepflicht angesichts von Art. 22 RPG und des Geltungsanspruchs des USG / der LSV fragwürdig. Das gilt unseres Erachtens vor allem wegen der bundesrechtlichen Pflicht zur Prüfung und Durchsetzung des Vorsorgeprinzips. Zudem ist zu befürchten, dass in den genannten Kantonen vermehrt Immissionsklagen nach Aufstellung der Anlagen eingereicht werden.
Taxistandplätze am Bahnhof Aarau für die Periode 2020 bis 2023: Nach einem Entscheid des DVI muss der Stadtrat Aarau die Gesuche der Taxiunternehmer neu prüfen und die Zuteilungskriterien differenzierter anwenden.
Taxistandplätze am Bahnhof sind bei Taxiunternehmen sehr beliebt. Ein attraktiver Standplatz sichert dem Taxiunternehmer ein gewisses Mass an Laufkundschaft und gute Auffindbarkeit. Die Anzahl Standplätze direkt am Bahnhof ist allerdings beschränkt. Die Zahl der Bewerber übersteigt die Anzahl Standplätze regelmässig. Über die Verteilung diese Plätze auf die Taxiunternehmen entscheiden die Standortgemeinden.
In der Stadt Aarau steht insgesamt 15 Betriebsbewilligungen A zum Anbieten von Taxifahrten ab dem Bahnhof zur Verfügung. Für die Periode 2020 bis 2023 schrieb die Stadt Aarau die Taxibewilligungen im Mai 2019 öffentlich aus. Daraufhin reichten 29 Taxiunternehmen Gesuche für 39 Taxibewilligungen A ein. Nach Prüfung dieser Gesuche stufte der Stadtrat mit Verfügung vom 2. Dezember 2019 21 Unternehmen als gleichwertig ein. Er entschied, dass diese 21 Unternehmen zu einer Losziehung zugelassen werden sollen. In dieser Losziehung sollten aus den 29 Gesuchen die 15 Standplätze am Bahnhof vergeben werden.
Gegen diesen Entscheid (Zulassung zur Losziehung) führten in der Folge verschiedene Taxiunternehmen Beschwerde beim kantonalen Departement Volkswirtschaft und Inneres (DVI). Sie kritisierten insbesondere die Zulassungskriterien und die Anwendung dieser Kriterien. Im Vordergrund stand dabei die Gleichwertigkeit der Gesuche und die Nichtberücksichtigung der langjährigen Erfahrung.
Liegen mehr Gesuche vor als bewilligt werden können und erfüllen diese die Voraussetzungen gemäss § 5 Taxireglement, so erfolgt gemäss § 11 Taxireglement die Erteilung der Betriebsbewilligungen A insbesondere unter Berücksichtigung folgender Kriterien:
- Gewährleistung eines vorschriftsgemässen und kundenfreundlichen Betriebes,
- Bereitschaft und Befähigung, Taxidienstleistungen während 24 Stunden anzubieten,
- Vermeidung der Monopolstellung eines Taxibetriebes.
Gemäss § 11 Abs. 3 Taxireglement entscheidet bei «Gleichwertigkeit» das Los.
Die Beschwerdeführenden, welche selbst bereits seit Jahren am Standort Aarau tätig sind, argumentierten, dass mit § 11 Abs. 2 Taxireglement ein wesentliches Kriterium, nämlich die langjährige Erfahrung nicht mitberücksichtigt werde. Kunden würden eine gewisse Konstanz und eine Vertrauenswürdigkeit erwarten. Wer ein Taxi beanspruche, das auf einem solchen offiziellen Standplatz warte, gehe davon aus, dass er eine Dienstleistung beanspruche, die behördlich kontrollierten Anforderungen entspricht und in die er ein gewisses Vertrauen setzen darf.
Die Taxiunternehmer forderten im Kern, dass ein «Anciennitätsprinzip» zur Anwendung gelangt, welches diejenigen Bewerber bevorzugt, welche bereits ein Nutzungsrecht auf öffentlichem Grund haben (Status quo). Neue Anbieter kämen erst dann zum Zuge, wenn bisherige Inhaber von Nutzungsrechten ihr Recht aufgeben oder neue Nutzungsrechte vergeben würden, indem z.B. zusätzliche Standplätze geschaffen werden. Bei korrekter Anwendung von § 11 Taxireglement hätten viele Gesuchstellerinnen und Gesuchsteller nicht zum Losentscheid zugelassen werden dürfen, weil ihre Gesuche nicht gleichwertig seien, argumentierten die Beschwerdeführenden.
Das DVI entschied am 21. Dezember 2020 über die Beschwerden gegen Entscheid des Stadtrats. Es erwog, dass so wie der Stadtrat die Kriterien handhabe, sich diese nicht als griffig erweisen und zu keiner Differenzierung führen würden. Der Stadtrat verfüge zwar über ein grosses Ermessen, er müsse diesen Ermessensspielraum aber auch nutzen. Im vorliegenden Fall begehe er eine Ermessensunterschreitung, indem er bewusst auf die Anwendung von weiteren Sachkriterien verzichte und alle Gesuche als gleichwertig zur Losziehung zulasse (E. 7.4). Das DVI schlägt dem Stadtrat sogar weitere Sachkriterien vor, nämlich wie von den Beschwerdeführenden verlangt hinsichtlich Berufserfahrung oder Kenntnisse über die örtlichen Verhältnisse (E. 7.5).
In Gutheissung der Beschwerden wies das DVI das Verfahren zur Neubeurteilung an den Stadtrat zurück. Dieser hat unter Berücksichtigung dieser Ausführungen neu über die Zuteilung mit denjenigen Gesuchstellenden zu befinden, welche die Bewilligungsvoraussetzungen erfüllen. In der Zwischenzeit ist von der Periode 2020 bis 2023 bereits mehr als ein Jahr verstrichen, ohne dass rechtskräftig über die Zuweisung der Standplätze am Bahnhof Aarau entschieden worden ist.
5G – Mobilfunkanlagen mit adaptiven Antennen: Am 23. Februar 2021 veröffentlichte das BAFU die neue Vollzugshilfe für den Umgang mit adaptiven Antennen. Bei adaptiven Antennen darf neu ein Korrekturfaktor auf die bewilligte Sendeleistung angewendet werden. Damit werden adaptive Antennen gegenüber konventionellen Antennen privilegiert.
In unserem Newsletter vom Oktober 2020 haben wir in einem Zwischenbericht über die Einführung des neuen Mobilfunkstandards informiert. Noch ungeklärt war, wie der Bund bei der Beurteilung von adaptiven Antennen die Variabilität der Senderichtungen und der Antennendiagramme berücksichtigen will. Mit der am 23. Februar 2021 erschienenen Vollzugshilfe möchte das BAFU nun Klarheit schaffen und den Vollzug in den Kantonen und Gemeinden vereinheitlichen.
Im Zentrum der neuen Vollzugshilfe steht das Anliegen der Mobilfunkbetreiber, den Ausbau des Mobilfunknetzes zügig voranzutreiben. Da der gewünschte Ausbau mit den heutigen Grenzwerten nicht vereinbar ist und Parlament und Bundesrat in politischen Entscheiden mehrmals eine Grenzwerterhöhung abgelehnt haben, musste das BAFU einen «Korrekturfaktor» in der Vollzugshilfe vorsehen.
Der Korrekturfaktor für adaptive Antennen ist abhängig von der Anzahl separat ansteuerbarer Antenneneinheiten (Sub-Arrays). Die derzeit verbauten Sendeantennen enthalten häufig 64 Sub-Arrays. Hier beträgt der Korrekturfaktor 0.10. Er ist nach oben hin offen (≥), weshalb bei Antennen mit mehr als 64 Sub-Arrays sogar eine noch massivere «Korrektur» vorgenommen werden darf. Die massgebende Sendeleistung, wie sie im Standortdatenblatt zu deklarieren ist, berechnet sich durch eine Multiplikation des Korrekturfaktors mit der maximalen Sendeleistung. Bei einer bewilligten Sendeleistung von beispielsweise 1'000 W entspricht dies somit einer maximalen Sendeleistung von 10'000 W, ohne dass sich die deklarierte Sendeleistung im Standortdatenblatt ändert. Diese Erhöhung der Sendeleistung um das zehnfache hat also keinen Einfluss auf die rechnerische ermittelte elektrische Feldstärke. Mit anderen Worten kann bei adaptiven Antennen mit beispielsweise 64 Sub-Arrays neu mit zehnfacher Leistung gesendet werden und die Grenzwerte der NISV bleiben rechnerisch trotzdem eingehalten.
Voraussetzung für die Anwendung des Korrekturfaktors für adaptive Antennen ist, dass diese mit einer automatischen Leistungsbegrenzung ausgestattet sind. Diese soll sicherstellen, dass die über einen Zeitraum von 6 Minuten gemittelte Sendeleistung die bewilligte Sendeleistung ERPn nicht überschreitet. Zusätzlich zum Korrekturfaktor darf somit eine Mittelung der Sendeleistung über einen Zeitraum von 6 Minuten erfolgen. Diese automatische Leistungsbegrenzung muss im Qualitätssicherungssystem (QS-System) sichergestellt werden. Die Mobilfunkbetreiber müssen daher ihre QS-Systeme überarbeiten und neu von einer unabhängigen Prüfstelle auditieren lassen.
Das BAFU behauptet, die Grenzwerte, die für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung zentral seien, blieben mit der Vollzugshilfe unangetastet. Richtig ist, dass der Anlagegrenzwert (Anhang 1 Ziff. 64 NISV) und der Immissionsgrenzwert (Anhang 2 NISV) unverändert bleiben. De facto nimmt das Schutzniveau aufgrund des Korrekturfaktors und der 6-Minuten-Mittelung allerdings deutlich ab. Die Privilegierung adaptiver Antennen erlaubt weitaus höhere Spitzen als bis anhin. Der Gesundheitsschutz respektive das Schutzniveau der NISV bleibt damit gerade nicht unangetastet.
Die neue Vollzugshilfe erlaubt der Mobilfunkindustrie trotz zahlreicher Vorbehalte aus Bevölkerung und Wissenschaft den weiteren Ausbau des 5G-Netzes. Erst im Januar 2021 veröffentlichte die Beratende Expertengruppe NIS (BERENIS), welche den Bundesrat in Sachen nichtionisierender Strahlung berät, eine Sonderausgabe ihres Newsletters zum oxidativen Stress. Die Mehrzahl der untersuchten Tierstudien und mehr als die Hälfte der Zellstudien enthielten Hinweise auf vermehrten oxidativen Stress durch hochfrequente elektromagnetische Felder (HF-EMF) und niederfrequente Magnetfelder (NF-MF) auch im Bereich der heutigen Anlagegrenzwerte. Aufgrund der untersuchten Studien rechnet die BERENIS damit, dass bei Personen mit Vorschädigungen wie Immunschwäche oder Erkrankungen (Diabetes, neurodegenerative Erkrankungen) vermehrt Gesundheitseffekte aufgrund von oxidativem Stress durch HF-EMF und NF-MF auftreten werden.
Die neue Vollzugshilfe für adaptive Antennen mit der darin vorgesehenen Privilegierung durch den Korrekturfaktor und der 6-Minuten-Mitteilung steht in einem gewissen Widerspruch zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen zu den gesundheitlichen Auswirkungen von Mobilfunkstrahlung. Wird die Vollzugshilfe zur Praxis, so werden wohl letztlich die Gerichte darüber entscheiden müssen, ob die in der Vollzugshilfe vorgesehene Privilegierung adaptiver Antennen mit dem übergeordneten Recht vereinbar ist oder nicht.
Unterschutzstellung von Baudenkmälern in Gemeinden - oft ohne Entschädigung
Viele Gemeinden revidieren aktuell ihre Bau- und Nutzungsordnungen (BNO). Ein Thema ist dabei oft auch der Schutz von Gebäuden, die für das Ortsbild von Bedeutung sind, und zwar nicht nur öffentliche, sondern auch private. In Frage kommen ein Ensemble von Gebäuden, markante Villen oder Gasthöfe, Gewerbebauten, Bauernhäuser oder Gartenpavillons. Der Schutz kann ganze Gebäude oder auch nur Teile betreffen, wie eine Fassade oder eine Fensterkonstruktion. Diese Bauten oder Teile dürfen in der Folge nicht mehr entfernt und bei Umbauten oder Umnutzungen auch nicht beeinträchtigt werden. Es reicht bei einem Baugesuch fortan nicht mehr, die Bauvorschriften einzuhalten. Ein Projekt muss auch die meist nicht «scharf» messbaren Schutzvorschriften beachten, welche letztlich im Ermessen der Behörden stehen.
Bauinventar
Grundlage des Schutzes sind das Kulturgesetz des Kantons Aargau (KG) sowie das Baugesetz (BauG). Diese verpflichten die Gemeinden namentlich zum Schutz und zur Pflege der Baudenkmäler von kommunaler Bedeutung (§ 25 KG, § 40 BauG). Die kantonale Denkmalpflege unterstützt die Gemeinden dabei. Sie hat die Baudenkmäler von kommunaler Bedeutung in einem kantonalen Bauinventar dokumentiert. Die Gemeinden dürfen auch ein eigenes Bauinventar erstellen.
Umsetzung in den Gemeinden
Das Bauinventar ist nicht grundeigentümer-verbindlich. Die Gemeinde muss daher die rechtlichen Grundlagen zum Schutz schaffen. Dazu bestehen zwei Wege.
Entweder werden in der BNO aus dem Bauinventar ausgewählte Gebäude bezeichnet und festgelegt, wie diese zu behandeln sind bzw. was geschützt ist, beispielsweise, dass die Gebäude nicht beseitigt oder beeinträchtigt werden dürfen. Diese Bezeichnung in der BNO schafft für die Grundeigentümer Rechtssicherheit. Einerseits können sie sich beim Erlass der BNO sowohl gegen die Schutzvorschriften als auch gegen die Aufnahme ihres Objektes als Schutzobjekt wehren. Andererseits wissen sie mit dieser «BNO-Lösung», dass ihr Gebäude geschützt ist und auch in welchem Umfang. Für ein späteres Baugesuch ist die Ausgangslage insofern klar.
Oder die Gemeinde nimmt in der BNO generelle Schutzvorschriften auf, klärt jedoch nicht, welche Gebäude konkret geschützt sind, sondern verweist dazu pauschal auf das Bauinventar («Inventar-Lösung»). Die Erfassung im Inventar bewirkt einen «Verdacht» der Schutzwürdigkeit. Bei der Beurteilung eines konkreten Baugesuches eines Inventar-Gebäudes zieht die Bauverwaltung das Inventar bei und misst das Baugesuch am Inventar beziehungsweise an den Schutzzielen. Widerspricht das Projekt den Schutzzielen, müssen Bauherrschaften damit rechnen, dass die Bewilligung verweigert wird. Ist der Grundeigentümer mit dem Schutz nicht einverstanden, kann er den Gemeinderat auffordern, eine Schutzverfügung erlassen, die in der Folge angefochten werden kann.
Die Problematik der Bauinventare ist, dass sie oft ohne Beizug der Grundeigentümer erstellt worden sind. Die Eigentümer konnten sich also nicht gegen die Inventarisierung wehren - und dennoch wird ihr Gebäude «verdächtigt» und damit faktisch (aber nicht rechtlich) unter Schutz gestellt. Im Baubewilligungsverfahren müssen sich die Grundeigentümer zuerst mit der Inventarisierung auseinandersetzen. Wird der «Verdacht» bestätigt, wird ein widersprechendes Baugesuch abgewiesen. Bestenfalls kann der Verdacht entkräftet werden. Allenfalls kann das Bauprojekt an die Schutzziele angepasst und danach dennoch bewilligt werden. Schlimmstenfalls war das Baugesuch vergebens. Tatsache ist, dass der Schutzumfang erst im Baubewilligungsverfahren feststeht. Will ein Grundeigentümer also kein langwieriges Verfahren zur Frage der Schutzwürdigkeit führen, ist er faktisch zum Einlenken gezwungen. Denn er will ja bauen! Es bleibt dem Grundeigentümer also nicht viel anderes übrig, als frühzeitig mit der Baubewilligungsbehörde Kontakt aufzunehmen, um entweder den «Verdacht» zu klären und sich in der Folge den Vorstellungen der Behörden zu unterziehen oder eine Schutzverfügung anzufechten.
Entschädigungspflicht
Der kommunale Schutz kann zu einer finanziellen Entwertung des Gebäudes führen, indem die Entscheidungsfreiheit über das eigene Grundstück eingeschränkt wird. Rechtlich bedeutet dies eine materielle Enteignung. In der Regel löst dies trotzdem keine Entschädigungspflicht aus. Denn gemäss dem Bundesgericht ist keine Entschädigung geschuldet, sofern dem Eigentümer eine bestimmungsgemässe, wirtschaftlich sinnvolle und gute Nutzung seiner Liegenschaft verbleibt. Die Intensität der Eigentumsbeschränkung ist dabei mit Blick auf die gesamte Parzelle zu prüfen. So löst beispielsweise der Schutz einer Fassade in der Regel keine Entschädigungspflicht aus, weil das Grundstück trotz Fassadenschutz noch als Wohngebäude wirtschaftlich sinnvoll und gut genutzt werden kann (vgl. Bundesgerichts-Entscheid BGE 111 Ib 257).
Die Rechtsprechung setzt also sehr hohe Hürden. Der Grundeigentümer trägt dabei die Beweislast insbesondere für die Schwere des Eingriffs und die Höhe der Entschädigung.
Schlussbemerkungen
Die Gemeinden sind zwar verpflichtet, die Baudenkmäler von kommunaler Bedeutung zu schützen. Das kantonale Recht schreibt jedoch kein bestimmtes Schutzsystem vor. Der Entscheid über das System liegt im Ermessen der Gemeinde. Auch hat die Gemeinde einen grossen Entscheidungsspielraum, welche Bauten sie unter Schutz stellt und wie umfangreich dieser Schutz ist. Für Grundeigentümer ist es ratsam, bereits bei der Revision der BNO zu prüfen, welches System der Gemeinderat vorschlägt. Das «BNO-System» schafft für die Grundeigentümer mehr Rechtssicherheit. Angestossen durch die beratenden Stellen des Kantons geht die Tendenz jedoch in Richtung der «Inventar-Lösung»» mit Schutzverfügungen. Das ist grundeigentümer-unfreundlich und muss nicht sein! Die Bevölkerung kann es in der BNO anders beschliessen und damit Rechtssicherheit schaffen.
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